Der Segelsport ist zurück!

Interview: Yves Carcelle, Big Boss bei Louis Vuitton, über LVT und AC

Wie läuft die Louis Vuitton Trophy, sind Sie glücklich damit?

Ja, ich bin sehr glücklich damit. Denn in der Geschichte des Match-Racing, sei es America´s Cup, der Vuitton Cup oder andere Wettbewerbe, hatten wir sehr selten dieses kompetitive Niveau. Wenn man normalerweise einen Bewerb startet, hat man schon zu Beginn eine ungefähre Vorstellung davon, wer die Trophäe mit nach Hause nehmen wird. Dieses Mal hatten wir allerdings keine Ahnung, denn jedes einzelne der zehn Teams hatte gute Chancen auf den Sieg. Diese Situation macht mich stolz. Noch vor drei Jahren wusste keiner, wie es weitergeht. Die Teams und die Sponsoren waren verzweifelt, unhaltbare Zustände. Heute ist es ganz anders: Der Sportgeist ist wieder da, die Trophy ein sportliches Großereignis.

Haben Sie ein Lieblingsteam? Vielleicht das Team Neuseeland, mit dem Sie schon den America´s Cup-Sieg oder jetzt gerade den Gewinn der Louis Vuitton-Trophy in LaMaddalena mitgefeiert haben?

Eine wirklich schwierige Frage. Ich kenne so viele von den Teilnehmern seit langer Zeit und habe mit ihnen eine gute persönliche Basis. Aber Sie haben Recht, gemeinsam mit Team Neuseeland-Boss Grant Dalton habe ich 2008 die Idee zur Trophy geboren. Und heute kann man sagen: Der Segelsport ist zurück, das Geld hat nicht länger das Sagen!

Sie haben die Turbulenzen der letzten Jahre bereits angedeutet. Ganz konkret: 2007 beendete Louis Vuitton die Zusammenarbeit mit dem America's Cup. Warum?

Sehen Sie, als 2003 die Alinghi den Sieg davontrug, änderte sich auf einen Schlag die gesamte Atmosphäre, der Spirit. Es stand auf einmal der schnöde Mammon im Vordergrund. Vorher wusste man einfach, dass man Geld für die Durchführung eines solchen Ereignisses benötigte – und das war's eigentlich dann auch. Als Antrieb stand es nie zur Debatte. Ab 2003 änderte sich das. 2007 waren schließlich die Sponsorenverträge so offensichtlich manipuliert worden, dass wir beschlossen, damit nicht länger in Verbindung gebracht werden zu wollen.

Dabei haben der America's Cup und Louis Vuitton ja eine großartige Vergangenheit - wird es auch eine großartige Zukunft geben?
Nun, ich kreuze meine Finger. Der Verteidiger des Pokals hat jedes Mal die freie Wahl, wann, wo und wie der nächste Cup ausgetragen wird. Im Moment wissen wir nichts Konkretes. Mit BMW Oracle als Sieger haben wir aber sicher eine Chance, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen.

Warum stellt Louis Vuitton eigentlich kein eigenes Segelteam auf, dann könnten Sie ja als potenzieller America´s-Cup-Sieger die Regeln bestimmen?

Man muss eine Entscheidung treffen: Du bist entweder Organisator oder Teilnehmer. Ich sehe unser Unternehmen eher als Institution, als führendes Label. Ich fühle mich in der Rolle als Organisator wohler als in jener des Wettkämpfers. Das ist unsere Philosophie.

Warum unterstützt Louis Vuitton den Segelsport?

Es war mehr oder weniger ein Zufall. 1983 gab es beim America´s Cup schon so viele Teilnehmer, dass eine durchorganisierte Regie notwendig wurde.Der Skipper Bruno Troublé rief einfach meinen Bruder an, und so kamen wir ins Spiel. Nach einiger Zeit bemerkten wir, dass wir eine Menge gemeinsam hatten. Der America’s Cup wurde 1851 geboren, unser Unternehmen 1854. Viele der Segler waren treue Vuitton-Kunden. Und genauso wie in der Mode ist auch im Segelsport die Mischung aus Tradition, Eleganz und Innovation essenziell. Wir waren von Anfang an einfach Teil dieser speziellen Welt.

Können Sie uns etwas zu den Kosten der Louis Vuitton Trophy sagen?

Wir sind im Luxusbereich tätig. Das Letzte, über das wir reden wollen, ist Geld.

Wie viele Mitarbeiter Ihres Unternehmens sind für so eine Regatta im Einsatz?

Nun, meistens stellen wir zwei bis drei Mitarbeiter zur Verfügung, die sich mit den Vorbereitungen beschäftigen. Aber wenn es dann ernst wird, heuern wir sechzig, siebzig Leute an. Es ist ein bisschen wie beim Film oder wenn man eine Show vorbereitet. Zuerst sind es der Produzent und der Regisseur, der Autor, die sich zusammensetzen. Zum Drehbeginn werden dann erst die operativen Teams zusammengestellt. Der Cup ist letzten Endes auch eine Produktion.

Wer ist Ihrer Meinung nach der Marc Jacobs unter den Seglern?

Sie wollen unseren Top-Designer also mit den Seglern vergleichen und von mir den besten hören? Bei der letzten Pressekonferenz saßen sie alle auf einer Bühne – Amerca's-Cup-Sieger, Olympiagold-Gewinner –, da ist es sehr schwierig, diese Frage zu beantworten.

Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Mode und Segeln?

Beiden gemeinsam ist die geradezu militärische Präzision, mit der ein Skipper ebenso wie ein Regisseur einer Modeschau agieren muss. Eine gehörige Portion kreativer Wahnsinn gehört bei beiden sicher auch dazu. Ich persönlich freue mich sehr, mich in beiden Welten bewegen zu können. Aber ich glaube nicht, dass sich ein Skipper am Laufsteg wohl fühlen würde, ebenso wenig wie unser Designer Marc Jacobs am Steuerrad einer Rennyacht.

Welche Rolle spielt Mode im Segelsport?

Nun, ich persönlich bin ja begeistert davon, dass auch andere Luxus-Labels daran teilnehmen. In La Maddalena war etwa auch erstmals wieder Prada als Teilnehmer mit dabei. Die Werte des Segelsports vertragen sich gut mit denen der Luxus-Marken.

Segeln Sie selbst?

Natürlich, aber nicht in Wettbewerben. Ich liebe diesen Sport und betreibe ihn jeden Sommer. Einer meiner besten Freunde hat ein ausgezeichnetes Boot, das ich jedes Jahr für ein, zwei Wochen chartere. Es gibt wenig Schöneres, als mit guten 40 Knoten hart am Wind zu segeln. Vor Kurzem habe ich mir ein eigenes, altes Boot zugelegt, das ich gerade restauriere, mit dem segle ich dann nächstes Jahr.

Und wo am liebsten?

Da gibts mehrere Orte. Der Ozean vor Süditalien ist großartig, aber auch die Inseln zwischen Griechenland und der Türkei. Ich war aber auch schon in Polynesien unterwegs, schwer zu sagen, wo es am schönsten ist.

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