Im Bann des Mondes

Segeln in der Bretagne – ein Erlebnis fern von jedem Nepp

Weg ist es, das Wasser. Und der Hafen damit völlig trocken. Bis es wiederkommt, sind wir in dem dahinter liegenden, durch ein Schleusentor abgegrenzten Becken, Bassin à flot genannt, eingesperrt. Aber wir lassen uns gerne gefangen nehmen. Die Belle Île (= schöne Insel) ist nicht zufällig eine beliebte Feriendestination, der schnuckelige Hauptort Le Palais mit Zitadelle aus dem 16. Jahrhundert lädt zum Trödeln geradezu ein. Während wir ein Café an der Mole in Beschlag nehmen, steuert unser Skipper Thomas zunächst zielsicher den Markt am Hauptplatz an und gesellt sich dann mit einem prall gefüllten Sackerl zu uns; was drin ist, will er nicht verraten.
 Um sechs Uhr früh hat er uns aus den Kojen gejagt, nicht aus Sadismus, sondern nach Konsultation des Tidenkalenders. Hier geben Ebbe und Flut den Rhythmus vor, bestimmte Häfen können nur zu bestimmten Zeiten angelaufen werden. Wer zu spät kommt, steht vor geschlossenen (Schleusen-)Toren. Ziemlich harte Bandage für den ersten Tag auf See, aber von allen erstaunlich gut weggesteckt. Auch die fünf Kinder, zwischen 9 und 17 Jahre alt, fanden sich ohne Murren im Morgengrauen an Deck ein, um die 24 Seemeilen von Lorient, unserem Starthafen, nach Belle Île in Angriff zu nehmen. Zur Belohnung wurden sie mit allen wichtigen Aufgaben an Bord betraut. Navigieren, Steuern, Trimmen, Schleusen, Anlegen – alles Sache der Kids, die sich unter den präzisen, stets ruhigen Anweisungen des Skippers großartig machten. Ein geborener Pädagoge!
 Nächster Punkt auf seinem Lehrplan scheint die Schulung des jugendlichen Geschmackssinnes zu sein. Thomas verschwindet mit dem geheimnisvollen Sackerl in der Pantry und serviert wenig später einen Mittags-Snack der besonderen Art. Frische Austern mit einer selbst gerührten Marinade aus Schalotten, Petersilie und Rotweinessig. Die Teenies springen bereitwillig über ihren Schatten und schlürfen bald das rohe Muschelfleisch aus den gewölbten, scharkantigen Schalen, als ob sie damit aufgewachsen wären. Nur das jüngste Geißlein lässt sich nicht überreden und hält sich lieber an die Köstlichkeiten in Karamell, Apfel und Schokolade, die wir aus der Patisserie mitgebracht haben. Zufrieden halten wir die Gesichter in die Sonne und stoßen mit einem Glas gut gekühlten Chablis darauf an, dass dieser Törn so harmonisch weitergehen möge wie er begonnen hat.

Den kompletten Artikel finden Sie in Ausgabe 5/2011.

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