Jetzt wird es richtig hart

Meine Lady und ich sind arg ramponiert

Meine Lady und ich sind arg ramponiert

Hallo nach Hause, ich kann mich kaum auf meiner "ultramodernen" Liege halten. Erinnerungen an das Rote Meer werden wach, nur da konnte ich mich bei der kleinen OASE II auf einer Luftmatratze auf den Boden legen - das geht hier auch nicht. Bewegen an Bord ist nur wie ein Klammeraffe möglich und sehr gefährlich. Es ist wie beim Rodeoreiten, aber sonst komm ich ja nie an. Die Technik hält es noch aus, wenngleich der Verschleiß allgegenwärtig ist.
Nun, die sogenannten "letzten paar hundert Meilen" haben begonnen und deshalb muss man ein paar Sachen richtig stellen bzw. abstrakter darstellen: Der Zielschuss bei der Vendée sind immerhin noch etwa 3600 Meilen. Ich habe seit gestern hart am Wind 210 abgesegelt. In Summe muss ich jetzt aber ca. 1.200 Meilen hart am Wind gegen an um zu den Azoren zu kommen und anschließend, je nach Wetterlage, mich nach Les Sables kämpfem. Somit sprechen wir von einer vollen "Transat"-Länge, nur das es in den Trades etwas wärmer ist als im Norden! Bedenkt man nun, das das Material, vor allem das Rigg und die Segel schon über 26.000 Meilen geschunden wurden, wird einem klar wie schwierig dieses letzte Teilstück ist. Nicht zuletzt selbst ist man auch schon 16 Wochen an Bord und nicht mehr der Allerfrischeste.
Im Rigg kann ich das Groß nur mit zwei Reff fahren, die Lieken wegen der Mastschiene nicht voll durchsetzen und zu dem ist das Achterliek nach den Orkanböen im Süden ohnehin völlig vertrimmt und somit passen in der Abstimmung auch die Vorsegelflächen nicht mehr. Der Kielkopf hat über einen Zentimeter Luft. Diesen habe ich mit Alustreifen ausgeglichen, welche jedoch bei Am-Wind-Verhältnissen oft weggequetscht werden bzw. bei Positionswechsel nachgesetzt werden müssen, denn der Verzug ist ja nicht gleichmäßig. Somit habe ich an Deck keine Abdeckung, d.h. durch die Leinenöffnungen mache ich ziemlich viel Leckwasser im Kielkompartement (Foto).
Das obere Viertel des Mastes hat bei der Saling Risse und die Oberwanten keine volle Spannung mehr. Überlaste ich die Backstagen, federt das Heck mit. Die Batterien nehmen nur mehr max. 12,8 Volt an und müssen nachts stündlich kurz aufgeladen werden, der Starter funktioniert aber bei Unterspannung nicht mehr, d.h. kurzschließen. Das Motorfundament ist gerissen, der Motor mit Spanngurten gesichert,...
Nun ich will jetzt nicht weiter ins Detail gehen, eine volle Schadensliste werde ich im Anhang des Buches veröffentlichen, aber ich glaube inzwischen ist jedem klar geworden, das die "letzten paar hundert Meilen" nochmals eine echte Zerreißprobe darstellen.
"Noch sind weder meine alte Lady noch ich zerrissen!!"

Stressige, aber herzliche Grüße von Bord
Norbert

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