Endlich angekommen

Das Tropeninstitut ist eine feine, kleine Einrichtung in der Wiener Lenaugasse, mit einem großen Wartezimmer, in dem man bunten Korallenfischen beim Langeweile haben zusehen kann, während man auf seine Impfungen gegen alle in der Karibik heimischen Malaisen wartet.

Man wird dort freundlich darauf hingewiesen, dass die beste Prophylaxe gegen Tropenkrankheiten eh net die Impfung ist. Sondern vielmehr die Vermeidung von Moskitostichen. Und dass es da was besonders wirksames gibt, nämlich die Wundersubstanz DEED, die unter diversen Markennamen wie „Off!“ im guten Fachhandel erhältlich ist.

Täte ein karibischer Moskito dieser Belehrung lauschen, er fallert vor Lachen von der Wand.

Karibische Moskitos trinken eine Literdose DEED als Aperitiv und versammeln sich dann zu kompakten Wolken, die Hunde und spielende Kinder einhüllen, und sie skelettiert zurücklassen. Sie heben schlafende Yachttouristen aus ihren Kojen und tragen sie ins Mangrovendickicht, um ihre Jungen mit ihnen zu füttern. Unter dem Mikroskop zeigt sich, dass sie löwenartige Rastafrisuren tragen, spitz zugefeilte Zähne haben und dass auf ihren T-Shirts "Fuck OFF!" steht. Karibische Moskitos stehen ganz weit oben an der Spitze der Nahrungskette und Du mit Deiner Dose OFF, liebes Weißbrot, bildest ihre ertragreiche Basis.

Ich schreibe dies um sechs Uhr Früh unter einem Wellblechdach, auf das ein warmer Morgenregen prasselt, in der Whisper Cove Marina in Grenada. Vor einer halben Stunde haben mich die Moskitos geweckt, um mir mitzuteilen, dass es Frühstückszeit ist. Nicht für mich. Für sie.

Ich habe meinen Laptop unter den Arm geklemmt und mich auf die Veranda der Marinabar gesetzt, sechs e-Mails beantwortet und nebenbei Konversation mit einem Gecko gepflegt. Er sitzt gleich neben mir auf dem Verandazaun, vollkommen relaxt , und setzt sich nur dann in blitzartige Bewegung, wenn ein Moskito vorbeikommt: Schnapp und aus. Another one bites the dust.

Es regt zum Philosophieren an: Wenn man ist, was man isst, dann bestehen Moskitos zu wesentlichen Teilen aus Mensch, und Geckos zu wesentlichen Teilen aus Moskitos.

Wenn ihr also nach Grenada kommt, Freunde, und Jean-Claudes Bar in der Whisper Cove frequentiert: Steigt nicht versehentlich auf den Gecko drauf. Sondern begrüßt ihn freundlich. Er ist sozusagen meine übernächste Inkarnation.

Falls sich jemand bei Lektüre dieser Zeilen fragt, um ich am Durchknallen bin: Njain.

Aber wenn man drei Wochen Zeit hatte, ein Katamarandeck zweimal mit Awlgrip zu lackieren, neue Netze zu installieren, ein Rigg zu revidieren, sechs Winschen zu servicen und vom gebrochenen Klodeckelscharnier bis zur verreckten Curryklemme 231 "Diverse Kleinteile"-Positionen abzuarbeiten, und vier Tage vor Torschluss merkt, dass man es offenbar wirklich schaffen wird, dann stellt sich so eine Art innerer Nirvana-Zustand ein, und zum ersten Mal sieht man seinen eigenen unsichtbaren Hasen neben sich sitzen, noch nicht einsachzig, eher ein fröhlich pubertierendes Kanuckel, und man tauft ihn Gautama Harvey, und man spürt, dass man endlich in der Karibik angekommen ist.

Yo, man. No problem.

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