Druck in der Werft
In meiner letzten Kolumne war die Rede von Henry Maudsley und seinen dampfbetriebenen Maschinen, die Anfang des 19. Jahrhunderts Schotblöcke für die Schiffe der Royal Navy produzierten, also ein Produkt erzeugten, das bis dahin ausschließlich von Handwerkern hergestellt wurde. Das Argument von damals lautete: besser, schneller, billiger.
In den vergangenen Monaten habe ich mich in Werften beidseits des Großen Teichs umgesehen, um zu sehen wie sich diese Geschichte heute abbildet: Da werden zum Beispiel Aluboote mit Hilfe von Robotern zusammengeschweißt oder ein 10-Meter-Powercat aus GfK gebaut, dessen Bauform vollumfänglich von einem gigantischen 3D-Drucker ausgespuckt wurde, anstatt sie, wie bisher üblich, mühsam, langsam und mit viel Abfall aus Schaum zu fräsen. Geschätzte Ersparnis an Zeit und Produktionskosten: 30 bis 80 Prozent. Hanseyachts hat 2016 in einer Pressemitteilung behauptet, den Rumpf einer Hanse 315 aus Holz gedruckt zu haben. Ein Aprilscherz, dem damals viele aufgesessen waren. Heute ist dieser Scherz Realität.
Derzeit arbeiten nämlich zwei Italiener daran, mit einem 3D-Drucker die Kernstruktur eines Mini 650 herzustellen. Sie besteht aus einem sogenannten Isogrid, das anschließend mit Kohlefasermatten überzogen wird. Man agiere beim Bau des Prototypen bewusst konservativ, denn Sicherheit gehe vor, erklärte mir Projektleiter Daniele Cevola, der mit seinem Partner Francesco Belvisi die Firmen Livrea Yacht (Bootsbau) und Ocore (3D Druck) gegründet hat. Die beiden haben für ihre Roboter-Drucktechnik den italienischen Innovationspreis 2017 gewonnen und werden von Firmen wie Lehmann & Voss bzw. Autodesk unterstützt. Wenn mit dem neuen Projekt alles nach Plan läuft, wird im Oktober gesegelt, Ziel ist es, das Boot fürs Mini-Transat 2019 zu qualifizieren.
Klar, 3D-Druck wird schon länger bei der Herstellung von Spezialteilen eingesetzt, doch fallende Kosten und steigende Vielseitigkeit werden nicht nur im Bootsbau Entwicklung, Produktionstechnik und Zulieferkette revolutionieren – mit weitreichenden Implikationen für den Arbeitsmarkt. Die Kritik, die daran zu üben wäre, wird verhallen – denn das gewichtigere Argument lautet auch diesmal: besser, schneller, billiger.