Nach Strich und Faden
Porträt von Klaus Pitter, der als blutjunger Neuling in das Charter-Geschäft einstieg und heute einer der wichtigsten Protagonisten der Branche ist
Das Haus ist schmucklos und steht an einer staubigen Landstraße. Wie zufällig windet sich diese durch oststeirisches Hügelland, zu beiden Seiten das lose verstreute 700-Seelen-Dorf Tiefenbach. Im Erdgeschoß des weiß getünchten Gebäudes befand sich bis 1998 eine verwinkelte Greißlerei; hier kaufte man ein, tauschte Neuigkeiten und pflegte nachbarschaftliche Beziehungen. Manchmal traf man den Bürgermeister, der dieses Gebäude sein eigen nannte, mit seiner Familie darin wohnte und im Obergeschoß einen florierenden Nähmaschinen-Laden betrieb. Sein Name war Eduard Pitter. 21 Jahre lang leitete er die Geschicke der Gemeinde; für einen Schwatz mit den Dörflern nahm er sich stets Zeit. An einem nebeligen Novembertag 1967 wurde sein Enkel Klaus in diese kleine, vorhersehbare Welt geboren; seine Wiege stand buchstäblich unter einer Nähmaschine. Nadel, Faden, Unterspule. Das hätte für ein Leben reichen können.
Tat es aber nicht. Der Vater, Gerald Pitter, hatte am nahen Stubenbergsee, einem sehr überschaubaren, künstlich angelegten Gewässer, das Segeln zu lieben gelernt. Das führte ihn zunächst gemeinsam mit seinen Bruder auf dem Korsar zu den Regattabahnen des Landes, später auf Kajütbooten ans Meer. Bald tauchte der Wunsch nach einem eigenen Schiff auf. Also erwarb Gerald Pitter 1987 eine Elan 33. Um sie zu finanzieren stellte er sie dem damals jugoslawischen Unternehmen als Charteryacht zur Verfügung, gründete eine Charter-Agentur und verdingte sich so oft wie möglich als Skipper. Dieser Job ergänzte sich saisonal gut mit dem Nähmaschinen-Geschäft, das ihn vor allem im Winter in Anspruch nahm. An des Vaters Seite stand der 20-jährige Klaus, der nach Absolvierung einer kaufmännischen Lehre in den Familienbetrieb eingestiegen, aber hungrig auf Neues war. Innerhalb von einem Jahr arbeitete sich das Duo, das es gewohnt war offensiv zu verkaufen, zur erfolgreichsten Agentur für Elan hoch. Im Nähmaschinenhandel hatten die beiden eines gelernt: Wer besser präsentiert, überzeugender argumentiert und vor allem das umfassendere Service bietet, macht das Geschäft. Mit dieser Einstellung und der Power unverbrauchter Newcomer mischten Vater und Sohn die verschlafene, saturierte Branche auf.
Wachstum in der Krise
Dann brachte der Jugoslawien-Krieg genau diese Branche ins Wanken. Elan zerfiel, viele Charterfirmen zogen sich aus der Region zurück und investierten in andere Länder. Die Pitters taten das Gegenteil. Sie gründeten 1991 mit einem regionalen Partner die Firma Nautic Adria, überließen diesem die Agenden vor Ort und kümmerten sich in Österreich um Verwaltung und Vermarktung. Sechs Yachten standen ab Veruda zur Verfügung, den verunsicherten Kunden gab man eine Geld-zurück-Garantie, falls sie den gebuchten Charterurlaub aufgrund der Kriegswirren nicht würden antreten können. Spätestens ab diesem Zeitpunkt verbanden Segler die Marke Pitter mit Vertrauenswürdigkeit und Handschlagqualität. 1996 war der Krieg Geschichte, Kroatien eine boomende neue Nation und die Pitter-Flotte auf 50 Yachten angewachsen. Eine unglaubliche Erfolgsstory, geschrieben in schwierigsten Zeiten und klangvolle Ouvertüre für das, was noch kommen sollte.