Leitmotiv Leidenschaft
August Schram hat mit Stella Maris ein vielversprechendes österreichisches Big-Boat-Projekt ins Leben gerufen – aus Freude am Segeln und um jungen Menschen Weiterentwicklung zu ermöglichen. Judith Duller-Mayrhofer traf ihn am Wolfgangsee und lernte einen Sportsmann und tiefgründigen Denker kennen
Eine Opernbühne und ein Regattaparcours haben kaum etwas gemeinsam. Möchte man meinen. Stimmt aber nicht, sagt August Schram. Und der muss es wissen. Der 39-Jährige trat als ausgebildeter Tenor in großen Häusern auf und kennt gleichzeitig den Segelsport in vielen Facetten, sei es Laser, D-One, A-Cat, Rennjolle, Esse 750, Melges 24, Quant 30 oder Club Swan 50. Wird eine Yacht von einer Crew kompetitiv bewegt, dann käme das, so Schram, einer hochstrukturierten, kreativen Kunstform gleich. Jeder Einzelne habe eine definierte Aufgabe und sich auf diese akribisch vorbereitet, während der Wettfahrt, die quasi der Aufführung entspreche, müssten die Mitglieder des Ensembles bzw. des Teams einerseits wie die Rädchen in einem Uhrwerk reibungslos zusammenspielen, andererseits sensibel und flexibel aufeinander reagieren. Im Idealfall entsteht so ein großes Ganzes, das mehr ist, als die Summe der Teile, und die Beteiligten emotional anrührt.
Dieses große Ganze strebte Schram auch an, als er 2018 mit einer Club Swan 50 das Big-Boat-Projekt Stella Maris auf die Beine stellte. „Ich wollte auf hohem Niveau Regatten segeln, aber auch jungen Menschen die Möglichkeit geben, in diese Szene einzutauchen und zu lernen,“ umreißt er seine ursprüngliche Vision. Zwecks Umsetzung in die Realität holte er in einem ersten Schritt mit Udo Moser und Nico Delle-Karth, die er aus seiner Melges- bzw. Quant-Zeit bestens kannte, zwei einschlägig erfahrene und hochkompetente Mitstreiter an Bord. Moser fungiert als Team-Manager und Vorsegeltrimmer, der mehrfache Olympiateilnehmer Delle-Karth ist Trainer, Taktiker sowie Boat Captain in Personalunion und kümmert sich um Material bzw. Materialentwicklung. In Abstimmung mit Schram gibt das Duo die Richtung vor, legt fest, an welchen Regatten die Stella Maris teilnimmt, und stellt den Trainingsplan auf.
Profis und Amateure
Die Klassenregeln der Club Swan 50 schreiben vor, dass der Eigner am Steuer stehen muss und erlauben vier Profis in der Crew; der Rest braucht Amateurstatus. Also setzte Schram neben Moser und Delle-Karth zwei Kroaten für Großsegel-Trimm und Navigation auf seine Gehaltsliste und schrieb in einem nächsten Schritt Sichtungsbewerbe für junge Amateure aus. Etwa 25 Seglerinnen und Segler folgten diesem Aufruf, gemeinsam wurde wochenlang gesegelt, gebastelt, gespleißt, geklebt. „Manche sind rasch weggebrochen“, erzählt Schram, „geblieben ist ein natürlicher Kern von rund einem Dutzend, aus dem wir die erforderlichen Positionen besetzen können. Das sind durchwegs sehr ambitionierte Menschen, die feinfühlig miteinander umgehen und eine offene Form der Kommunikation pflegen.“ Alle sind Studenten oder in irgendeiner anderen Form der Ausbildung, werden für ihre Tätigkeit an Bord nicht bezahlt, aber zur Gänze freigehalten.