Grand Soleil 58
Die letzten Jahre waren hart für Cantiere del Pardo, doch nun blickt man mit neuem Flaggschiff und einer Zweitlinie für Blauwassersegler optimistisch in die Zukunft – aus gutem Grund
Flaggschiffe sind groß, teuer und damit ein Minderheitenprogramm. Dennoch macht es Sinn sich mit dem jeweiligen Topmodell einer Werft zu beschäftigen, denn es prägt das Gesicht der Marke und gibt die Richtung für die nächsten Jahre vor. Im Fall von Cantiere del Pardos, wie die Werft hinter der Marke Grand Soleil heißt, trifft das in besonderem Maße zu. Seit Anfang 2014 hält der Unternehmer Davide Trevisani mit seiner Firmengruppe die Mehrheit an dem Unternehmen. Er hat ein Jahr zuvor auch Sly-Yachts übernommen und ist in der Branche gut bekannt. Der Zukauf von Cantiere del Pardo war für ihn doppelt wertvoll, kam er doch damit in den Besitz der modernen Produktionsanlagen in Forli.
Die Übernahme erfolgte genau 40 Jahre nach Gründung der Werft – guter Zeitpunkt für eine Neuausrichtung. Cantiere del Pardo stand bislang für Performance-Cruiser. Jahrzehntelang definierte sich die Werft über die Erfolge der Grand Soleils auf den Regattabahnen. Als Zahlenmensch und profunder Kenner der Yachtszene war Trevisani klar, dass an einer Erweiterung des Portfolios und damit dem Einstieg in die Szene der Blauwasser- und Langfahrtyachten kein Weg vorbei führen würde. Das erste Modell der neuen Linie, die Grand Soleil 46LC (Long Cruise), kam 2015 auf den Markt (Fahrbericht 4/2016) und segelte von Erfolg zu Erfolg. Sie gewann in der Kategorie Luxusyachten den Titel Yacht des Jahres und verkaufte sich bislang 28 Mal. Ziemlich ermutigend für einen Newcomer, wobei man einräumen muss, dass die GS46LC nicht nur Hardcore-Segler sondern auch das Luxussegment bedient. Die neuen Grand Soleil 52LC, die im Frühjahr auf den Markt kommen wird, macht das noch deutlicher.
„Die Erweiterung der Palette änderte das Profil der Klientel in einem Ausmaß, das so nicht zu erwarten war“, erläuterte die Projekt-Managerin der GS58, Maya Bach, im Rahmen der Testfahrten. Der typische Grand-Soleil-Eigner hatte bislang einen mehr oder weniger sportlichen Background. Nun rekrutieren sich die Neukunden häufig aus dem Segment der Quereinsteiger sowie, man höre und staune, aus ehemaligen Eignern einer Motoryacht. Und wo findet sich die gemeinsame Klammer? Das lässt sich am Beispiel der GS 58 sehr gut veranschaulichen.
Eine Yacht, zwei Welten
Die Grand Soleil 58 soll schnell segeln, gut aussehen und ein Höchstmaß an Komfort bieten. So steht es im Lastenheft. Umberto Felci stellte sich der Herausforderung und zeichnete einen Rumpf mit vergleichsweise viel Volumen im Vorschiff, breitem Heck und hoher Formstabilität. Letztere soll komfortables Segeln bei geringem Krängungswinkel, aber dennoch hoher Durchschnittsgeschwindigkeit ermöglichen, erklärt Felci. Der Grad der Sportlichkeit hängt von Rigg- und Kielvarianten ab: Serienmäßig trägt die 58er einen am Kiel stehenden und via Rodrigg verstagten Alumast mit drei Salingpaaren. Der dazu passende 2,90 m lange T-Kiel wird in der Racingversion durch einen längeren, aber im Alltag am Wasser doch etwas unpraktisch langen Kiel (3,50 m) ersetzt. Minimaltiefgang ist 2,45 m. Das Testschiff war mit dem optionalen, gut zur Yacht passenden Axxon-Karbonmast und einem V-Baum ausgestattet. Eine ideale Lösung, zumal auch das Bergen des durchgelatteten Großsegels in dieser Variante mühelos funktionierte.
Maßgeblichen Anteil an der eleganten Optik hat das Deck mit flachem Aufbau, der über eine sanfte Schräge in den seitlichen Sülls im Cockpit ausläuft, sowie die geringe Höhendifferenz zwischen Plichtboden und Seitendecks. Letztere erzeugt beim Segeln ein geradezu erhabenes Gefühl.