"If it flys, floats or f***s…" - Der vierte Wanderbrief 2010

“Some people on this island are crazy like batshit.” Das sag nicht ich, das sagt der Adam. Der Adam ist Brite, nicht unbeträchtlich gehbehindert und trotzdem solo über den Atlantik hierher gesegelt. Jetzt stelzt er mit seinem handgeschnitzten Gehstock durch die Marina, ist freundlich zu jedermann, verstreut trockenen Humor und hat in der Regel Recht.

Jim zum Beispiel, Jim ist vermutlich zumindest ein bissl irre. \u00A0Ire ist er jedenfalls, das hört man gleich, wenn er den Mund aufmacht. Und ein begnadeter Schnorrer ist er auch: Die ganze Zeit hab ich ihm beim Wasserklauen zugeschaut. Sein Boot lag nämlich draußen im Norden der Bucht bei Pigeon Island, und statt dass er sich einen Wassermacher einbauen lässt, fährt er jeden Tag mit zwei Kanistern im Dinghy hierher in den Boatyard und holt sich bei meinem Wasserhahn seine 50 Liter ab.

Er hinterließ mir bei solchen Gelegenheiten regelmäßig ausgesprochen sachdienliche Hinweise.\u00A0 Einen freundlichen, kompenten Diskont-Bootselektriker namens Phil etwa, oder einen Käufer für meinen neuerdings überstandigen Reserve-Outboard. \u00A0Den Seevogel abgeschossen hat er allerdings mit der ultimaten Gebrauchsanweisung für das Handling von Luxusgütern: „Aye, lad, when it comes to those big-ticket items a man sometimes needs, there´s one ultimate rule…“ –„Yes?“ – “Aye, lad, and it goes like this: If if flies, floats or fucks, rent it!“ Äh, reicht Dein Englisch, lieber Leserkreis, oder muss ich übersetzen?

Bei aller tiefschürfenden Weisheit: Jim hat selber ein Boot. Jim war deshalb \u00A0in den letzten 14 Tagen ein bissel nervös, denn Mother Ocean stand genau auf seinem angestammten Stellplatz und am Montag, den 19.4. wollte Jim raus.

„No problem“, sagte ich. Weil Jim ist ein Lieber und eine Hilfreicher und wenn einer so redet wie er und sein Wasser heimlich abzapft, wird man ihm als Seekamerad für sein ärmliches, aber sauberes Schinakl einen schönen Stellplatz mit Blick aufs Wasser gönnen, mir san ja net so, gell?

Ausserdem sind wir eh unter Zeitdruck, und uns und dem ARC Europe und unseren Mitseglern zuliebe haben der Bröthaler und ich seit Ostern wieder einmal anzahrt wie die Waglhunde: Zwei Fenster getauscht, vier Luken neu gebaut, zwei davon samt Rahmen, Cockpit samt neuer Steueranlage finalisiert, literweise Lack vebraucht, und am Wochenende hat ein Rasta das Unterwasserschiff gemalt, während wir erst acht Beam-Laschings neu gebunden, dann das Deck geräumt und am Schluss die Baustelle aufgelöst haben.

Wahrscheinlich sind hoch dotierte Wetten gegen uns gelaufen, denn am Montagmorgen hatten ein paar Rastas noch größere Augen als normal: Mother Ocean war um 0830h fertig zum Einkranen, setzte pünktlich um 0845h auf dem Wasser auf und liegt jetzt bequem längsseits an der Tankstellenpier, wo wir noch eine Woche lang tunen, nachlackierten, Deckshardware aufschrauben und verproviantieren.

Und während ich dies in den ersten ruhigen Minuten seit meiner Rückkehr\u00A0 nach Rodney schreibe, ist hinter meinem Rücken ein 75 Tonnen-Torkran am Verröcheln. Denn kaum waren wir aus dem Kranbecken, dampfte Jim herein - und hat sich was mit dem ärmlichen, aber sauberen Schinakl, das wir ihm irrtümlich zugeschrieben haben: Jims Motoryacht ist an die 50 Füße lang, hat einen zweistöckigen Aufbau und auch ansonsten ist alles drum und dran. Jedenfalls hatte der Kran seine liebe Mühe mit dem Teil und jetzt setzt ers grad ab.

Wie war das, Jim? If it flies, floats or f***s, rent it?\u00A0 Bissl Ire, wie? Salzwasser predigen und Barbados Rum trinken?Aber trotzdem: Ein guter Mann…

P.S.: Es gabert noch sooo viel mehr zu erzählen, vor allem von der unglaublichen Reise eines antiken Aussenborders von Schwechat nach Rodney Bay. Aber bitte um Verständnis, liebe Leute – ich war die letzten Wochen nach Arbeitsschluss ein bissl unterpowert. Genauer gesagt: Zweimal bin ich am Morgen aufgewacht und hatte die Finger noch auf der Laptop-Tastatur. Aber ich denke, ejtzt geht’s wieder und am nächsten Weekend folgt die Carnitti-Story. Seglerehrenwort!

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