Goldene Mitte

Ein guter Midlayer soll wärmen und gleichzeitig Feuchtigkeit weitertransportieren. Wie dieser Spagat gelingen kann, hat Verena Diethelm recherchiert

Goldene Mitte

Zuerst im engen Fahrwasser der Dalbenstraße eine schweißtreibende Wende nach der anderen, danach – endlich am offenen Meer! – stundenlang auf einem Bug bis zum Zielhafen, während es abwechselnd wie aus Kübeln gießt, dann wieder die Sonne scheint. Es gibt kaum eine Sportart, die an die Bekleidung derart hohe Anforderungen stellt wie das Segeln.

Einerseits müssen Feuchtigkeit und Wärme bei schweißtreibenden Aktivitäten, etwa Manövern, Trimm oder Segelwechsel, effektiv nach außen geleitet werden, andererseits soll die Körperwärme in längeren Zeiten körperlicher Inaktivität gespeichert werden.

Dieser Spagat ist nur im Zwiebelprinzip zu bewältigen, wobei jeder Schicht ) eine besondere Bedeutung zukommt. Die Hauptaufgabe des Midlayers, der nicht umsonst auch Bodywarmer genannt wird, ist es vor Kälte zu schützen, indem Wärme gespeichert wird. Darüber hinaus muss er ausreichend atmungsaktiv sein und dafür sorgen, dass Feuchtigkeit von der innersten zur äußersten Schicht weitertransportiert wird.

MATERIALIEN

Früher wurde die Funktion des Midlayers vom klassischen Wollpullover erfüllt. Inzwischen kommen jedoch vor allem künstlich hergestellte Fasern zum Einsatz, da diese im Vergleich zu Naturfasern einige Vorteile haben:

Polyester nimmt keine Feuchtigkeit auf, sondern leitet diese schnell und effizient vom Körper ab. Es ist leicht, auch im nassen Zustand formstabil, pflegeleicht und luftdurchlässig, trocknet schnell und kratzt nicht. Klingt nach der eierlegenden Wollmilchsau? Fast, denn Polyester hat auch zwei Nachteile: Mikrokokkus-Bakterien, die den Schweiß in unangenehm riechende Fettsäuren und Thiole zersetzen, fühlen sich in der Chemiefaser besonders wohl und vermehren sich rasch. Moderne Fertigungsmethoden können das weitgehend reduzieren. "Gegen die Bildung unangenehmer Gerüche hilft die Beimischung von Polypropylen und Silber-Ionen", weiß Stefan Eberle, Geschäftsführer von Marinepool.
Außerdem wird Polyester unter anderem aus Erdöl gewonnen und trägt zur Mikroplastik-Belastung unserer Meere bei, da beim Waschen kleinste Kunststoff-Partikel in das Abwasser gelangen; dazu später mehr. Polyester ist jedenfalls ein echter Allrounder und kommt dabei bei Midlayern am häufigsten zum Einsatz.

Polyamid absorbiert besonders wenig Feuchtigkeit, ist leicht, elastisch, sehr widerstandsfähig und resistent gegenüber Bakterien, wodurch Schweißgeruch weitgehend vermieden werden kann. Es ist allerdings nicht atmungsaktiv, dämmt nicht besonders gut und ist UV-empfindlich. Polyamid, auch unter dem Handelsnamen Nylon bekannt, wird der Funktionsbekleidung daher nur beigemischt. Kleidung mit hohem Polyamid-Anteil eignet sich vor allem für höhere Temperaturen und Aktivitäten mit starker Intensität.

Wolle ist sehr saugfähig und kann bis zu 33% ihres Trockengewichts an Wasser aufnehmen. Nasse Wolle hat zwar immer noch eine gute Isolierwirkung, trocknet aber sehr langsam und ist deswegen auf See wenig geeignet. Als Ausnahme gilt die Wolle der Merinoschafe, die weniger Wasser als normale Wolle aufnimmt, nicht kratzt und auch wärmt, wenn sie nass ist. Darüber hinaus wirkt sie antibakteriell, was Geruchsbildung verhindert oder zumindest hinauszögert. Merino eignet sich daher vor allem für längere Törns ohne Waschmöglichkeit; sie wird bei Segelbekleidung aber meist nur für Baselayer verwendet.

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