Jetten Beach 45
Die holländische Werft Jetten Shipyard läutet im Genre der Verdränger eine neue Ära ein – jene der gemütlichen und doch flotten Art der Fortbewegung
Im Yachtbau spielt es derzeit Revolution. Andersartigkeit sowie optische oder faktische Überlegenheit verschaffen einer Marke Vorteile am Markt, deshalb suchen Werften, Konstrukteure und Designer auf allen Ebenen fieberhaft nach Innovationen. Das belebt die Branche und führt im Idealfall zu nachhaltigen Verbesserungen; man könnte das auch Fortschritt nennen.
Ein gutes Beispiel dafür ist die Jetten Beach 45, die erste Yacht einer neuen, künftig fünf Modelle zwischen 45 und 85 Fuß umfassenden Palette der holländischen Werft. Ambitioniertes Ziel dieser Linie: Anmutung, Haptik und Komfort sollen dem Niveau einer Superyacht entsprechen.
Schneller Verdränger
Motoryachten lassen sich üblicherweise in drei Kategorien einteilen: Verdränger, Halbgleiter und Gleiter. Die Jetten Beach 45 passt in keine – obwohl sie vom Konzept her ein Verdränger wäre. Verantwortlich dafür ist der Holländer Piet van Ossanen. In seinem Konstruktionsbüro werden Rümpfe für Superyachten, Frachtschiffe, Schlepper und Freizeitschifffahrt entwickelt. Eine Kernkompetenz der Firma sind hydrodynamische Analysen, die mithilfe eines speziellen Computerprogramms namens Computional Fluid Dynamics durchgeführt werden. Dieses Programm simuliert aufwändige Schlepptankversuche, die den Konstrukteuren umfangreiches Datenmaterial liefern und letztendlich die Entwicklung der sogenannten Fast-Displacement-Rümpfe ermöglichten, Verdränger, die mehr als doppelt so schnell fahren, wie es ihre Rumpfgeschwindigkeit erlaubt. Im Fall der Jetten Beach 45 liegt die Höchstgeschwindigkeit bei 22 Knoten; eine vergleichbare herkömmliche Yacht würde rund neun Knoten erzielen. Außerdem konnte der Spritverbrauch um 20 Prozent gesenkt werden.
Die Jetten Beach 45 kann darüberhinaus mit weiteren Besonderheiten aufwarten: Der über einem Stahlgerüst gebaute Alu-Rumpf ist im Vorschiffsbereich als schmaler U-Spant mit senkrechtem Steven im Stil einer Segelyacht ausgeführt und mutiert nach achtern hin rasch zu einem breiten, flachen U-Spant. Die daraus resultierende Formstabilität bildet eine Säule des Fahrkomforts, der zusätzliche Alu-Kiel eine zweite. Dieser ist im vorderen Bereich mit einem Kollisionsschutz versehen. Für Solidität sorgt ein Stringer-Spantengerüst aus Aluminium, die Außenhaut besteht im Unter- und Oberwasserbereich aus sechs beziehungsweise vier Millimeter starken Alu-Platten.
Im Gegensatz zum traditionellen Yachtbau, wo Fahrleistung zum Großteil über Gewichtsersparnis erreicht wird, muss ein Fast-Displacement-Rumpf schwer sein. Das hohe Eigengewicht hat nämlich einen maßgeblichen Anteil an der Laufruhe. Zwar gibt es Grenzen, die nicht überschritten werden sollten, theoretisch könnte man die Jetten Beach 45 aber auch in Stahl bauen.
Das Deck wird ebenfalls über einem Stahlbett gefertigt, damit es sich nicht verzieht. Nach der sogenannten „Hochzeit“, der Verbindung mit dem Rumpf, erfolgt der Prozess des Deoxydierens, bei dem das Schiff innerhalb von sechs Stunden mit Primer und Zweikomponentenlack gestrichen wird. Danach wird der Rumpf mit geschlossenzelligem Schaum komplett isoliert. Der Einbau der Technik erfolgt nach einem genauen Muster: an Backbord alles, was mit Wasser zu tun hat, an Steuerbord die Elektrik. Sämtliche Tanks sind mit internen Schwappschotten ausgestattet.
Wie es gefällt
Optisch hat die Jetten Beach 45 keine Ähnlichkeit mit einem traditionellen Verdränger. Cor D. Rover, ein auf die Konzeption großer Motoryachten spezialisiertes holländisches Designstudio, zeichnete eine Megayacht im Kleinformat, mit typisch steilem Bugsteven, tief nach unten gezogener Bugsektion sowie einem stromlinienförmigen Dach über der Kajüte, das zwecks Beschattung im Inneren über die Kajütfenster und achtern über die halbe Plicht gezogen wurde.