Ressort
Kein Ressort gesetzt!
„Länge läuft.” Wer kennt sie nicht, diese quintessentielle Weisheit? Wenn es um Microyachting geht, läuft mit Länge allerdings nix. Das Motto hier lautet: ”Je kürzer, desto besser.” In einer Zeit, in der drei Regatten und ein Rekordversuch um den Globus simultan stattfinden, ist man demente Planung im Segelsport gewohnt. Warum also nicht noch ein Rennen um die Welt, das für Schwimmgegenstände von 10 Fuß Länge gedacht ist? Der Wahnsinn heißt AroundinTen und führt auf der Barfuß-Route einmal rum. Losgehen soll’s am 10. Jänner in den Bahamas. Gemeldete Teilnehmer existieren, aber die meisten gaben schon im Vorfeld auf. Am ehesten könnten es zwei Amerikaner schaffen, Steven Rinker, ein Tischler aus den Wäldern Maines, und Paul Boucher, ein ehemaliger Krankenpfleger von der Küste Westfloridas. Beide frönen dem alternativen Lifestyle und wollen sich den Traum der Weltumsegelung mit Mut und Hoffnung erfüllen. Ihre Untersätze bauen sie selbst. Rinker setzt auf Floating Bear, einen superleichten Doppelender mit Steckschwert und Drachensegel, aber ohne Mast, Kiel und Ruder. Boucher schnitzt sich Flying Frog, eine massive Minidschunke mit Luggersegel, die innen von einem Drahtgerüst zusammen gehalten wird und sich im Fall der Fälle „auf jedem Strand mit Treibgut reparieren lässt.”
Beides klingt extrem, passt aber in die lange Reihe jener Jockeys, die auf immer kürzeren Scherzartikeln in See stachen, um unsinnige Rekorde aufzustellen. Wie der Amerikaner Hugo Vihlen, der 1993 auf der 5,3 Fuß (1.63 m) kurzen Father’s Day in 105 Tagen über den Atlantik trieb, oder wie der Frankoaustralier Serge Testa, der mit seiner knapp 12 Fuß (3.6 m) langen Acrohc Australis in vier Etappen und 500 Tagen um die Welt schipperte. Auf diesen Rekord haben es die Teilnehmer des AroundinTen abgesehen. Nicht schneller, sondern kürzer ist besser. „Nach dem Scheitern von Harley Hansens Versuch, die Welt in einem 8-Fuß-Boot südlich der großen Kaps zu umrunden, dachten wir über eine weniger extreme Route nach und einigten uns auf eine Länge von 10 Fuß (3,05 m) für die Boote”, sagt Nick Dwyer, der irische Wettfahrtleiter des AroundinTen, der die Kombattanten mit seiner Stahlketsch begleiten will, „eine Größe für echte Gentlemen.” Und diese Gentlemen organisieren sich basisdemokratisch. Wer seinen Arsch riskiert, so Dwyer, der soll auch die Regeln bestimmen. Das erklärt, warum weder EPIRBs noch Rettungsinseln vorgeschrieben sind. Die sind gut, aber teuer und daher verpönt.
„Mein Chef hat $ 5.000 zugeschossen”, erzählt Rinker, „das muss für Boot, Ausrüstung und Verpflegung reichen.” Viel sei es nicht, aber wäre er ein Sponsor, würde er „auch zögern, in diese Sache zu investieren.” Vielleicht, so hofft Rinker, ändert sich das, wenn er unterwegs ist. „Es ist die Herausforderung meines Lebens”, schwärmt Boucher. Dass er dabei wie andere Microsegler vom Klabautermann geholt werden könnte, sei möglich. „Aber ich hoffe, er gewährt mir Galgenfrist”, lacht er. Und wer gewinnt? „Derjenige, der überlebt.”