Weihnachtssägen - der 4. Wanderbrief der neuen Saison
Gestern Nacht kam eine Katze aus meinem Rumpf gehüpft.
Ja, eine richtige, lebendige Katze. Ehrenwort.
Nein, ich bin stocknüchtern. Und Sonnenstich hab ich auch keinen. Und soooo durchgeknallt bin ich auch nicht. Die Katze war wirklich da, Pfadfinderehrenwort.
Ich kam grad vom Sanitärcontainer, Mitternacht wars wohl, denkend an dies und das, und grad als ich unterm Flutlichtmast die Leiter aufs Boot erklimmen wollte – husch! – sprang sie aus dem Rumpf. Durchs Loch. Ja, dieses: Das Loch, über das ich mindestens einmal am Tag einen debilen\u00A0Witz zu hören kriege. Zum Beispiel, ob wir eine Dinghygarage bauen, fragte ein fürs Lebendgewicht untergoßer amerikanischer Skipper, hardeharharr!
Dighygarage! Hat sich was! Ich arbeite das Erbe von Rob, dem durchgeknallten Bootstischler, auf. Er hat mir unter Anleitung seines imaginären Sechsmeterhasen ein paar Wasserfallen ins Backbordheck laminiert. Jetzt schneide ich sie seufzend auf, lasse das stinkende, faulige Wasser raus rinnen. \u00A0Und säge rundherum das stinkende, rotte Holz raus. Es ist ein echtes Weihnachtssägen, wirklich wahr!
Synchron dazu schießen der Bröthi und ich kreuz und quer über die Insel, auf der Suche nach dem Material, das wir dann demnächst wieder reintun werden: Bootsbausperrholz, Stringerholz, Matte, Harz… - gibt’s nicht in der Karibik? Doch, doch, gibt´s. Man muss nur die richtigen Leute fragen und den richtigen Text reden.
Fünf Platten erstklassiges Bootsbausperrholz hatte ich mir schon gesichert, als die Mother \u00A0noch halbert im Kran hing. Die Island Water World-Filiale in der Rodney Marina hatte sie lagernd. Ich zahlte auf der Stelle und verließ den Laden mit der Anweisung, die Platten mit Stacheldraht, Landminen und Laseralarm zu sichern, bis ich sie holen komme.
Stringerholz war nicht ganz so einfach, aber der Boss von Island Water World hatte dann irgendwann ein Erbarmen, klemmte sich ans Telefon und klingelte die ganze Insel durch, bis er eine Adresse hatte. Die Adresse entpuppte sich als Schuppen in den Hügeln über der Hauptstadt, randvoll mit jeder Art von Tropenholz, die Gott verboten hat, und einem Rasta, der mich ins Herz schloss und Witzbeträge für eine Pickupladung Holz verrechnete.
Dann bauten wir uns aus Staffeln und Billigsperrholz vom örtlichen Baumarkt unterm Kat einen Arbeitstisch im Schatten und eröffneten unser privates Kleinsägewerk: Während ich den Rumpf ausschachtete, schnittt der Bröthi im Akkord 2x5 cm-Leisten für neue Stringer. Und jetzt ist Feierabend. Am 2. Weihnachtsfeiertag. Irgendwo spielt eine Reggaeband. Der Passat weht übers Deck. Und durchs Loch im Backbordheck. Unterm Boot liegen 30 Meter Stringer. Und morgen fangen wir mit dem Einbau an.
Und davon wird dann der nächste Blog handeln. Und bevors zu spät ist, attache ich hier noch ein paar Baustellenbilder. Damit net irgendwer glaubt, wir sind hier auf Urlaub, gell?