Kenterung im Fastnet

Der 30 Meter lange Super-Maxi Rambler kentert nach Abriss der Kielbombe

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Drama in der Irischen See: Die gut 30 Meter lange Hochseesegelyacht „Rambler 100“ aus den USA ist am Montagabend beim Rolex Fastnet Race gekentert, als die Kielbombe plötzlich abbrach. Alle 21 Crewmitglieder wurden teils erst nach Stunden gerettet, eine Frau kam mit Unterkühlungen ins Krankenhaus. Der Unfall ereignete sich unweit der Felsens Fastnet Rock, der Wendemarke in der 608 Seemeilen langen Regatta, die von Cowes nach Plymouth in England führt. Zu dem Zeitpunkt hatte das Team von Eigner George David bei den Einrumpfbooten in Führung gelegen. Unterdessen stellte der französische 44-Meter-Trimaran „Maxi Banque Populaire“ unter Skipper Loïck Peyron mit einem Tag, acht Stunden und 48 Minuten einen neuen Fabelrekord für die mehr als 1.100 Kilometer lange Strecke auf. Das 44. Rolex Fastnet Race startete am Sonntagmittag mit 314 Yachten, darunter 16 deutsche, vor der Isle of Wight und geht im Laufe der Woche in der Grafschaft Devon zu Ende.

Ungeachtet neuer Rekordleistungen – es blieben gleich mehrere Einrumpfyachten unter der vier Jahre alten Streckenbestzeit der britischen „ICAP Leopard“ – bestimmte das Unglück der „Rambler“ auch am Dienstag (16. August) die Schlagzeilen des legendären Hochseeklassikers, zumal es sich offenbar dramatischer abgespielt hatte, als zunächst vermutet. Rambler, die vor kurzem einen neuen Transatlantikrekord aufstellte, hatte um 18.25 Uhr MESZ den Fastnet-Felsen gerundet. Der frische bis starke Wind drehte dabei auf Südwest und kam anschließend genau von vorn.

„Wir kreuzten gegen hohen Seegang, und die Yacht hob von den Wellenbergen ab“, berichtete der emotional aufgewühlte Projektmanager Mick Harvey, „ich war mit Navigator Peter Isler gerade unter Deck, als wir das beängstigende Geräusch vom abbrechenden Kiel hörten. Es kam ganz plötzlich und gab uns keinerlei Zeit zu reagieren. Das Boot drehte sich sofort wie auf den Rücken einer Schildkröte. Es war wie bei der Kenterung einer Jolle.“

Ohne die tonnenschwere Ballastbombe als aufrichtendes Moment am Ende der Kielfinne kentern Yachten im Wellengang zwangsläufig, auch wenn bei diesem Seenotfall noch relativ moderate Bedingungen im Seegebiet südlich Irlands herrschten. Warum der Kiel abgebrochen ist, blieb zunächst unklar. Die Yacht hatte schon schwere Stürme mit wesentlich härteren Bedingungen überstanden und die Kielbombe stets gehalten.

Isler setzte sofort noch einen Notruf ab, bevor beide so schnell wie möglich aus der Kajüte herauskletterten. Das Notsignal der EPIRB-Boje wurde ausgelöst. Einige Crewmitglieder kletterten über die Seereling auf den Rumpf und zogen andere schwimmende in Sicherheit. Die Dünung des Atlantiks erschwerte es, aus dem Wasser auf den umgedrehten Rumpf zu gelangen. Dennoch gelang dies 16 Seglern mit gegenseitiger Unterstützung.

Fünf Crewmitglieder, darunter Eigner George David und seine Partnerin Wendy Touton, die einzige Frau an Bord, wurden durch die Wellen vom gekenterten Boot weggespült. Sie verschränkten die Arme ineinander und bildeten im Wasser einen Kreis. So hielten sie zweieinhalb Stunden schwimmend aus, ehe das von der Küstenwache umgeleitete örtliche Fischerboot „Wave Chieftain“ eintraf und die vier Männer aufnahm. Zuvor wurde Wendy Touton von einem Sikorsky-Helikopter aus Shannon geborgen und mit Unterkühlungen ins Kerry Hospital nach Tralee geflogen.

Die 16 anderen hatten auf dem kieloben treibenden Rumpf der Segelyacht ausgeharrt, von wo aus sie auf ein RNLI-Rettungsboot aus Baltimore abgeborgen wurden. Die erfolgreiche Aktion wurde von einem weiteren Sikorsky-Hubschrauber aus Waterford sowie einem irischen Marinefahrzeug begleitet. Die Geretteten wurden von beiden Booten in Baltimore an Land gebracht, wo sie beim örtlichen Segelclub von den Ereignissen berichteten. „Das waren sehr beängstigende Momente, die ich sicher nie vergessen werden“, sagte Mick Harvey, „ich kann gar nicht ausdrücken, wie glücklich ich bin, das wir alle in Sicherheit sind.“ Der Dank der Geretteten galt allen Helfern aus Baltimore, allen voran der irischen Küstenwache: „Es ist gar nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn es vielleicht im Dunkeln der Nacht passiert wäre und die Rettungskräfte nicht so schnell vor Ort gewesen wären.“

Die 100 Fuß, also 30,48 Meter lange „Rambler“ nach einem Entwurf des renommierten argentinischen Konstrukteurs Juan Kouyoumdjian war 2008 bei „Cookson Yachts“ in Auckland/Neuseeland auf Kiel gelegt worden und startete nach einigen Umbauten den Angriff auf mehrere Streckenrekorde von Hochseeregatten. Sie hatte einen so genannten Schwenkkiel, der sich hydraulisch zu beiden Seiten kippen lässt, was eine höhere Effizienz hat als ein starrer Kiel.

Beim 44. Rolex Fastnet Race war die „Rambler 100“ Gegner Nummer eins der „ICAP Leopard“ von Mike Slade, 2007 (mit Rekordzeit) und 2009 schnellstes Einrumpf-Schiff bei der alle zwei Jahre ausgetragenen Traditionsregatta. Trotz Problemen mit einer ausgefallenen Winsch und eines gerissenen Vorsegels zu Beginn hatte das US-Team die Titelverteidiger in einem harten Zweikampf überholt und den Fastnet Rock eine knappe halbe Stunde vor Slades Crew gerundet. Auf dem Weg zur Pantaenius-Boje, einer Bahnmarke unweit des Felsens, passierte dann wenig später die Kenterung.

Die „ICAP Leopard“ hatte erst später von dem Unglück mitbekommen und berichtete von sehr schlechter Sicht vor Ort. Zwar blieb die Yacht im Ziel rund acht Minuten unter ihrem damaligen Rekord und benötigte 44 Stunden, neun Minuten und 47 Sekunden. Indes waren drei Volvo 70-Yachten, die sich auf die nächste Weltumseglung, das Volvo Ocean Race 2011-12 vorbereiten, noch schneller. Die „Azzam“ aus Abu Dhabi unter Skipper Ian Walker brauchte nur einen Tag, 18 Stunden und 38 Minuten und war damit knapp fünf Minuten schneller als Franck Cammas „Groupama4“ aus Frankreich. Das gilt als neuer Einrumpf-Streckenrekord, obwohl die Volvo70-Yachten in einer eigenen Wertung starteten und nicht um den Fastnet Challenge Cup für den Gesamtsieg mitsegelten.

Einen absoluten Fabelrekord stellte der Monster-Trimaran „Maxi Banque Populaire“ (ebenfalls Frankreich) auf. Der Dreirümpfer erreichte eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 18,5 Knoten, das sind etwa 34 Kilometer pro Stunde. In der Spitze war Peyron mit seiner Crew doppelt so schnell. Der Tri hält auch den 24-Stunden-Weltrekord mit mehr als 900 Seemeilen, also einem anderthalbfachen Rolex Fastnet Race. Die Entscheidung über den Gesamtsieg der 44. Auflage der Regatta nach berechneter Zeit wird am Mittwoch oder Donnerstag erwartet, wenn die mittleren und kleineren Schiffe in Plymouth ankommen. In jedem Fall war die Siegerin von 2009, die 72 Fuß lange „RÁn“ des schwedischen Skype-Gründers Niklas Zennström nach gut zwei Tagen im Ziel und hatte die Messlatte bereits hoch gelegt. Die besten Deutschen wurden in der Nacht zu Mittwoch erwartet. Dienstagmittag waren erst zwölf Boote im Ziel, 275 noch unterwegs, und 27 hatten teils mit schweren Schäden aufgegeben.

Weitere Informationen und ein Livetracking des Rolex Fastnet Race gibt es auf der Eventwebsite im Internet unter http://fastnet.rorc.org/ oder unter www.regattanews.com sowie auf den Facebook- und Twitter-Feeds des Rolex Fastnet Race.

Quelle: Rolex regattanews.com

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