Karriere-Ende für Schmid/Reichstädter
Das 470er-Duo streicht nach drei Olympia-Teilnahmen und 17 Profijahren die Segel. Profitieren soll davon die nächste Generation
Nach Rio und einer sechs monatigen Regattapause war das Comeback im Rahmen der Kieler Woche geplant. An der Förde wollten sich die Vize-Europameister von 2014 für die Weltmeisterschaft in Thessaloniki (7.-15. Juli) warm segeln. Die Umsetzung scheiterte am Gesundheitszustand des Vorschoters - Florian Reichstädter laboriert seit Monaten an einer Wirbelsäulenfraktur, die einen mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt zur Folge hatte und den 36-jährigen Wiener die Notbremse ziehen lässt. Die jahrzehntelange Trapez- und Trimmarbeit hat speziell dem Nacken geschadet, von einer weiteren Kampagne wurde Reichstädter abgeraten. Damit endet auch die aktive Karriere von Matthias Schmid, der ohne seinen langjährigen Partner nicht weitersegeln möchte und wie sein Vorschoter einen Seitenwechsel vollzieht.
Schmid, der die Nationalmannschaft zuletzt bereits in organisatorischer Hinsicht unterstützt hat, wird Sportdirektor Georg Fundak assistieren und die Leitung für die Finanzen im Spitzensport übernehmen. Reichstädter, der noch in häuslicher Pflege ist, soll künftig ebenfalls den Spagat zwischen der Arbeit im Olympischen Bereich und den Nachwuchsklassen schaffen. Wie Schmid als Trainer und ebenfalls mit Sonderprojekten konfrontiert.
Die Titelkämpfe in Thessaloniki starten am 7. Juli, der OeSV schickt mit David Bargehr/Lukas Mähr und Niko Kampelmühler/Thomas Czajka zwei Boote ins Rennen.
STIMMEN:
Matthias Schmid:
„So wollte ich eigentlich nicht aufhören, aber wenigstens hält sich der Trennungsschmerz in Grenzen. Flo und ich bleiben der Segel-Familie erhalten, wir werden für den Verband arbeiten und damit weiterhin viel Zeit miteinander und vor allem mit der Materie verbringen. Der OeSV hat großes Interesse uns in den Prozess einzubinden und möchte, dass wir wichtige Aufgaben übernehmen. Das motiviert und freut mich sehr, denn ich denke, dass der Spitzensport-Bereich auch weiterhin von Seglern und nicht von Funktionären geführt werden soll. Wir haben in den vergangenen 17 Jahren für den Sport gelebt und entsprechend viel mitgenommen, der Verband hat uns dabei immer unterstützt, jetzt ist es an der Zeit, etwas zurückzugeben und unser Wissen an die nächste Olympia-Generation weiterzugeben. Ich freue mich auf diese Herausforderung und bin bereit Verantwortung zu übernehmen - das gilt in erster Linie für die Wasserarbeit als hoffentlich erfolgreicher Trainer, aber auch für andere Bereiche, die ich abdecken werde. Es wird ein Entwicklungsprozess und ein in die Sache hineinwachsen, die Motivation ist sehr groß.“
Florian Reichstädter:
„Die letzten Monate waren der blanke Horror. Ich hatte mich eigentlich nur leicht verrissen, aber starke Schmerzen, durch die Untersuchung ist dann rausgekommen, dass es doch nicht so einfach ist. Die Schäden an der Wirbelsäule sind soweit fortgeschritten, dass ich mir die Fortsetzung der Karriere selber nicht mehr vorstellen kann. Meine Bandscheiben-Vorfälle sind laut Ärzten eine Abnützungserscheinung, es hat gedauert bis das gesickert ist, aber mittlerweile habe ich die Situation akzeptiert und freue mich auf das, was kommt. Ich bin durch und durch Segler, mich fasziniert der Sport nach wie vor und ich bin mir sicher, dass ich mich bei der Aus- und Weiterbildung unserer Top-Segler sehr gut einbringen kann. Wir haben in unserer aktiven Karriere bewiesen, dass wir hart und erfolgreich arbeiten können, danach streben wir auch jetzt. Ich möchte mich auch auf diesem Weg bei meiner Familie, Freunden, unseren Sponsoren und allen Unterstützern bedanken. Die angestrebte Olympiamedaille ist sich leider nicht ausgegangen, aber der olympische Gedanke wird mich definitiv auch weiterhin prägen.“
Georg Fundak/OeSV-Sportdirektor:
„Die Burschen haben mit einem sehr bescheidenen Budget und beschränkten Möglichkeiten angefangen aber immer sehr lösungsorientiert gearbeitet und einem erfolgreichen Auftritt bei Olympischen Spielen alles untergeordnet. Sie haben nie gejammert oder die Schuld bei anderen gesucht, sondern mit harter, motivierter Arbeit und Kampfgeist reagiert. Mit dieser Einstellung haben sie sich in die absolute Weltspitze gesegelt und sich in dieser sechs Jahre lang behauptet. Die gemeinsame Zeit die wir miteinander verbracht haben ist von vielen positiven und sehr schönen Erinnerungen geprägt, sie haben auf ihrem Weg viel Ausdauer bewiesen und auch einiges für die gemeinsamen Interessen der Nationalmannschaft gemacht - sei es als Athletensprecher oder in organisatorischer Hinsicht. Sie waren innerhalb des Teams als Problemlöser bekannt und beliebt, egal was, sie haben sich immer mit der Sache auseinandergesetzt und mit angepackt. Ihre Einstellung zum Spitzensport war vorbildlich, mit ihrem Rücktritt verlieren wir ein sehr wertvolles Team für Tokio. Das ist natürlich schade, auf der anderen Seite bleiben sie dem Verband mit ihrem Wissen und ihrem Elan weiterhin erhalten, das ist ein absoluter Gewinn für uns. Sie waren in Rio voll im Spiel dabei, haben die Olympiamedaille erst auf der Zielgeraden aus der Hand gegeben, jetzt können sie die Jungen bei ihren Medaillenträumen pushen, das ist eine absolut feine Sache. Es ist für mich eine sehr wertvolle Aufgabe sie dabei zu unterstützen, sie werden sich in vielen Bereichen weiteres Fachwissen aneignen und eine hochwertige Ausbildung durchlaufen. Wir wollen den olympischen Segelsport in Österreich auf eine noch höhere Ebene bringen, ihr Potential wird uns dabei mit Sicherheit weiterhelfen.“