T-Bone-Steak kontra Webeleinstek

Ein Segelbuch erscheinen zu lassen bringt Segelabenteuer der ganz anderen Art mit sich

T-Bone-Steak kontra Webeleinstek

Eine der ersten Bestellungen kam von einer Oma, die das Buch „Spaßmacher“ ihren Enkeln unter den Christbaum legen wollte: Da zwar die Telefonnummer von Oma Agathe, aber leider keine Postadresse angeführt war, rief ich sie an.

Ich erklärte ihr, dass ich nie ein Buch mit dem Titel „Spaßmacher“ geschrieben hätte, sie beharrte darauf. Ich gab schließlich nach. Alle übrigen Unklarheiten wurden im Zuge des fast einstündigen Gesprächs beseitigt. Sollte ich jemals den Kurs der beiden Enkel kreuzen: Nehmt euch in Acht, Bursch’n – ich weiß mehr, als euch lieb ist! Unter anderem, dass eure Oma kein Wort versteht, wenn ihr übers Segeln redet: „Die sprechen eine ganz andere Sprache“, beschwerte sie sich. „Dauernd kommt irgendein Steak vor. Ich kenne nur ein T-Bone-Steak. Zumindest da bin ich beiden überlegen.“ Scharf angebraten, medium, mit ganz wenig Pfeffer – so gehört das. Und nicht anders.

Nein, Oma Agathe werde das Buch selbst nicht lesen. „Da bräucht‘ ich ja einen Übersetzer.“ Aber die Zeichnungen werde sie sich schon anschauen. Typisch: Immer stiehlt mir der Reini Buchacher die Show.

Am Tag, an dem ich mit „Abdrift“ als Kabarett erstmals auf die Bühne ging, war mir Reini zufällig über den Weg gelaufen. Ohne zu zögern stieg er für dieses Abenteuer zu mir an Bord: Die Buch-Idee „Abdrift – Satire für Segler“ wurde vom Stapel gelassen.

Buchacher steht als Weltrekordhalter der Schnellkarikatur im Guinness-Buch der Rekorde. Er hat es geschafft, 174 Personen in 60 Minuten zu karikieren. Also würde er die ihm völlig fremde Materie Segeln wohl auch blitzschnell in den Griffel bekommen.

Naja. Es stellte sich heraus, dass Geschwindigkeit sehr relativ ist. Und so musste sich der gute Mann von mir schon bald den Ehrentitel „Langsamster Schnellzeichner der Welt“ gefallen lassen. Teilweise griff ich zu unmenschlichen Maßnahmen, um sein Schaffen zu beschleunigen. Unter anderem schickte ich ihm per E-Mail folgende Warnung: Wenn du nicht Gas gibst, erscheint diese Zeichnung als Buch-Cover. Im Anhang ein dilettantisches Strichmanderl, von mir selbst gefertigt, aber riesengroß mit Reini Buchacher signiert.

Noch am selben Tag lieferte er das echte Cover-Bild.

Auf meine ebenfalls selbst gezeichnete Darstellung einer Trottel-Erkennungs-App bin ich immer noch stolz. Doch der Künstler setzte sich über meine genialen Vorschläge hochnäsig hinweg. Einmal mit den Worten: Du gehst ma irrsinnig am Sockn! Dazu zeichnete er, genau, einen Socken.
Als ich wie der Hund aufs Würschtl auf die allerletzte Zeichnung – nämlich das Selbstporträt von Herrn Buchacher – wartete, bekam ich eine Muschel mit einer Perle drin. Für meine Bemerkung „Hast du dein’ Spiegel z’samg’haut?“ musste ich mir das Gailtaler Spezialkompliment „Togga, bleda“ gefallen lassen.

Meine Rache kam unbeabsichtigt, aber wirkungsvoll. Beim ersten Kabarett-Auftritt in der Stadtgalerie Mödling hätte ich Buchacher kurz vor der Pause auf die Bühne holen sollen. Doch ich hab’ ihn einfach „vergessen“ (hä, hä!).
Immerhin kennt Onkel Reini schon ein paar Segelbegriffe mehr als Oma Agathe. Er möchte sogar mit mir auf eine Yacht steigen, um das Thema Segeln zu verinnerlichen. Vielleicht ergibt sich daraus ja noch ein Buch; leider hat Sten Nadolny schon 1983 „Die Entdeckung der Langsamkeit“ geschrieben. (Tschuidigung, Reini!)

Zwei Wochen nach dem Telefonat mit Oma Agathe bestellte noch jemand das Buch „Spaßmacher“. Höchste Zeit, dem Mysterium auf den Grund zu gehen: In der Dezember-Yachtrevue war ein Artikel über das Buch unter der Überschrift „Spaßmacher“ erschienen. Eine Oma irrt nie.

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