Lost in Translation

Unklare Ansagen der Wettfahrtleitung sorgten bei der ersten Etappe von Les Sables d'Olonne nach La Palma für Verwerfungen im Klassement. Christian Kargl ging als Zweiter durchs Ziel, wird in der Wertung aber als Dritter geführt

Lost in Translation

Nicht nur Vulkanausbrüche haben beim Zwischenstopp der Mini-Flotte auf der Kanareninsel La Palma für Erschütterungen gesorgt, sondern auch umstrittene Anweisungen bzw. Entscheidungen von Wettfahrtleitung und Jury, die ein gewaltiges Durcheinander nach sich zogen. Auslöser war die Empfehlung der Wettfahrtleitung, angesichts eines nahenden Sturmtiefs einen Schutzhafen anzulaufen. "Die Wetterwarnung, wonach eine sehr aktive Kaltfront mit bis zu 50 Knoten Wind und 4,5 Metern Welle erwartet werde, erreichte uns 36 Stunden vor deren Eintreffen. Die ersten sind sofort nach Muros abgebogen und unser Funkkanal war heillos überlastet", erinnert sich Christian Kargl, der sich zu diesem Zeitpunkt an 20. Stelle und auf Höhe von Camarinas befand.

Leider erwies sich in Folge das Regelwerk der Regatta, das vorschreibt, dass die Solo-Teilnehmer keine modernen Kommunikationsmittel nutzen dürfen, als große Schwachstelle: Die Empfehlung der Wettfahrtleitung wurde von den Begleitbooten überinterpretiert, gleichzeitig versuchten sich die Führenden zu organisieren und über Funk das Einlaufen in die Schutzhäfen zu koordinieren. Die Anfrage von Teilnehmern, das Rennen in Vigo abzubrechen und nach der Front neu zu starten, sorgte zusätzlich für Verwirrung. Die Kommunikation fand fast ausschließlich auf Französisch statt und war für Nicht-Muttersprachler kaum nachvollziehbar.

Kargl tauschte sich daher mit dem nächstgelegenen deutschsprachigen Kollegen, Melwin Fink, aus und versuchte für beide einen Platz in Baiona zu reservieren. Da dies trotz mehrfacher Anläufe nicht gelang, beschloss das Duo Richtung Süden zu segeln und entweder in Viana des Castello oder einer Marina bei Porto Schutz zu suchen. "Uns war klar, dass die Front Richtung Süden immer schwächer wird", erklärt Kargl.

Zehn Minuten nachdem diese Entscheidung getroffen worden war, fiel auf der All Hands on Deck die gesamte Bordelektrik wegen zu geringer Batteriespannung aus, ein Solarpaneel war vor dem Start falsch angeschlossen worden. Der Fehler war schnell behoben, Kargl drehte aber dennoch nach Viana des Castello ab, um etwas zu schlafen: "Ohne Strom und AIS in eine Front reinzufahren war für mich keine Option", stellt Kargl klar.

Fairness auf der Strecke

Ebendiese Front erlebte er dann als nicht sonderlich gefährlich. "In der Biskaya hatten wir auch 50 Knoten. Da bin ich minutenlang auf dem Wasser gelegen", zieht Kargl einen Vergleich. Wetterkapriolen hatten die 90 Teilnehmer von Beginn an begleitet. Schon der Start zu der 1.350 Seemeilen langen Etappe musste wegen einer durchziehenden Front um 25 Stunden verschoben werden, in der zweiten Nacht auf See beutelte eine weitere Front das Feld. Mastbruch, beschädigter Ruderquadrant, Autopilot-Ausfall, gebrochener Bugkorb und und und – die Liste der Schäden war lang. Für viele Ministen kam die Empfehlung einen Schutzhafen anzulaufen daher nicht ungelegen, da sie eine Möglichkeit zum Reparieren und Regenieren bot.

Kargl legte seinerseits nach 15-stündiger Pause und Durchzug der Front wieder ab und machte sich mit Rückenwind auf den Weg nach La Palma, wo er hinter dem Deutschen Melwin Fink als Zweiter über die Ziellinie ging. Da sein Weltempfänger ausgefallen war, hatte er zu diesem Zeitpunkt keine Ahnung, dass nur sechs Teilnehmer – vier Proto-Segler, Fink und er selbst – weitergesegelt waren und nicht wie das Gros der Minisegler bis zu 36 Stunden pausiert hatten.

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