Jeder Zentimeter zählt

Wasserstand. Massive Niederschläge haben den Pegel am Neusiedler See wieder steigen lassen, soll das Gewässer nutzbar bleiben, wird es dennoch Maßnahmen brauchen. Für die Interessen der Wassersportler macht sich allerdings politisch kaum jemand stark

Jeder Zentimeter zählt

Regen ist das neue Schön, zumindest für jene, die um den Neusiedler See bangen. Dessen Wasserstand war bekanntlich auf einem historischen Tiefststand – noch nie seit Beginn der Mess-Aufzeichnungen im Jahr 1965 gab es im Frühjahr so wenig Wasser im See. Anfang April fehlten ganze 24 Zentimeter auf den ohnehin besorgniserregenden Pegel von 2022 und das Horrorszenario einer kompletten Austrocknung rückte beängstigend nahe. Die starken Niederschläge, die Mitte April über dem Nordburgenland niedergingen, sowie das kalte, sehr nasse Wetter in der ersten Mai-Hälfte entspannten die Situation aber ein wenig: Am 22. Mai erreichte der Pegel exakt den Stand vom Vorjahr. In der letzten Saison mussten viele Wassersportler im August ihre Aktivitäten einstellen, heuer könnte dieser Punkt noch früher erreicht werden. Das legt zumindest ein Simulationsszenario nahe, das der Segler und international anerkannte österreichische Datenwissenschafter Gerhard Svolba erstellt hat und in das er die Wasserstands-Verlaufskurven der letzten Jahre einfließen ließ. Seine Schlussfolgerung lautet: Nicht abwarten, sondern das Boot jetzt nutzen. „Besser wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht und wenn wir Pech haben, gibt es 2024 noch weniger Wasser im See, im schlimmsten Fall sogar einige Jahre Segelpause“, gibt er zu bedenken. Und dann, so Svolba, würde man es bedauern, 2023 nicht unterwegs gewesen zu sein.

Eine Einstellung, die allerdings wenige Bootsbesitzer zu teilen scheinen. „Nur rund 20 % meiner Kunden geben ihr Schiff heuer ins Wasser“, weiß Wolfgang Maletschek, der in Weiden seit mehr als 30 Jahren ein gleichnamiges Wassersport-Zentrum betreibt, „dabei kann man derzeit je nach Bootstyp und Windrichtung sehr wohl ordentlich segeln.“ Ähnlich sieht das Thomas Böhm, Inhaber des in Podersdorf angesiedelten Surf-, Kite- und Wingshops Upsidedown: „Die Leute glauben zum Teil, dass der See schon komplett trockengefallen ist und man ihn gar nicht mehr nutzen kann. Die Realität sieht aber ganz anders aus, das Surfen und Kiten ist an den allermeisten Tagen problemlos möglich.“ Die reißerische mediale Darstellung mit entsprechenden Fotos und Schlagzeilen würde ein falsches Bild erzeugen, bedauert Böhm, der einen deutlichen Umsatzrückgang sowohl im Shop als auch bei den Kursen verschmerzen muss. „Früher war der Mai unser stärkster Monat, heuer erwarten wir ein Minus von 50 %,“ rechnet er vor.

Dass die gesamte Branche unter dem Niedrigwasser leidet, ist logisch. Besonders betroffen sind neben dem Bootshandel die Segelschulen und Bootsverleiher, weiß Maletschek, der zu dieser Thematik seit über einem Jahr mit Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sowie den Landesräten Leonhard Schneemann und Heinrich Dorner in Kontakt ist und die Interessen der nautischen Betriebe am See vertritt. Die Bilanz, die er aus diesen Gesprächen zieht: „Der Wassersport steht nicht im Fokus und man erkennt auch nicht, wie wichtig die großen internationalen Regatten für diese Region sind. Das betrifft ja nicht nur die Nächtigungszahlen sondern auch das Werbepotenzial.“

Die gesamte Story lesen Sie in der Yachtrevue 4/2023, am Kiosk ab 2. April!

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