Charmante Schwester

Haus-Duell. Die De Antonio 50 Open ist nun auch als Coupé-Variante erhältlich, Judith Duller-Mayrhofer nahm beim Test vor Malaga beide Modelle unter die Lupe

Charmante Schwester

Kaum eine Viertelstunde, nachdem wir den Stadthafen von Malaga verlassen haben, keimt ein Verdacht auf. Marc de Antonio, einer der beiden Gründer des gleichnamigen Unternehmens, muss ein Segler sein. Zwar dirigiert der smarte Spanier aktuell eine 50-Fuß-Yacht, auf der zwei 600 PS starke Zwölfzylinder für den Vortrieb sorgen, doch die selbstverständliche Geschmeidigkeit, mit der er sich an Bord bewegt, erwirbt man üblicherweise in Wind und Welle. Ein Verdacht, der sich auf Nachfrage bestätigt: De Antonio führt gemeinsam mit seiner Frau Sofia Bertrand das sehr erfolgreiche J/80-Team Bribon-Movistar, fungiert dort als Steuermann, kann zahlreiche Siege, unter anderem bei der Copa del Rey, sowie eine WM-Silbermedaille vorweisen und ist Vizepräsident des prestigeträchtigen Real Club Náutico de Barcelona.

In die Motorbootbranche kam er als Quereinsteiger in jeder Hinsicht. Er hatte in Barcelona Produktdesign am renommierten IED (Instituto Europeo di Design) studiert, dort den etwas jüngeren Stan Chmielewski, Spross einer Schweizer Bankiersfamilie, kennen gelernt und sich mit ihm gemeinsam in das Abenteuer der eigenen Werft gestürzt. Das war 2012. Seither hat das dynamische Duo Modelle in vier Längen auf den Markt gebracht, jährlich rund 80 Einheiten verkauft und zwei Mal den Titel „European Powerboat of the Year“ eingesackt; bemerkenswert. Wesentlicher Treiber der Erfolgskurve, die man, wie De Antonio freimütig zugibt, in dieser Steilheit nicht vorhergesehen habe, war das Konzept der „versteckten Außenborder“: Bei De-Antonio-Yachten sind die Aggregate nicht weithin sichtbar am Spiegel angebracht, sondern unter der Sonnenliege montiert. Das generiert handfeste Vorteile, etwa die Möglichkeit, eine Badeplattform zu installieren, hat aber auch atmosphärische Folgen. Dezente Eleganz statt martialisches Muskelspiel – damit traf man punktgenau den Puls der Zeit. Für 2024 rechnet Marc de Antonio, der sich über volle Auftragsbücher freuen darf, mit 115 verkauften Yachten, enormes Potenzial für seine Modelle ortet er speziell am US-amerikanischen Markt.

Ein Rumpf, zwei Philosophien

Zurück nach Malaga, wo sich der Himmel in strahlendem Blau über dem Meer wölbt. Das 50 Fuß lange Flaggschiff ist in den Varianten Open und Coupé erhältlich, wobei die geschlossene Version im Jänner 2023 auf der boot Düsseldorf Weltpremiere feierte. Beide Modelle stehen heute Vertretern der europäischen Fachpresse für ausgiebige Test- und Vergleichsfahrten zur Verfügung. Sie unterscheiden sich nur durch den geschlossenen Steuerstand und das verlängerte Hardtop, Letzteres sorgt bei der Coupé für ein Plus von rund 500 Kilo im Vergleich zur Open. Klingt viel, hat auf die Performance aber so gut wie keinen Einfluss. Ansonsten sind die Yachten ident und als Mitglieder der De-Antonio-Familie auf den ersten Blick erkennbar: Rumpf mit hohem Freibord, senkrechte Bordwände, steiler Bugsteven, rechteckige Rumpffenster – dieser markante Look hat die Marke geprägt. Das Unterwasserschiff verfügt über deutlich geformte Stufen, die ab einer gewissen Geschwindigkeit Luft unter den Rumpf leiten. Das verringert die benetzte Fläche und reduziert den Verbrauch. Die Badeplattform ist wahlweise fix montiert oder hydraulisch absenkbar sowie in zwei Größen erhältlich. Genial ist die Beibootgarage, eine Eigenentwicklung von De Antonio. Klappt man achtern den leicht abgeschrägten Kopfteil der Sonnenliege auf, tut sich ein schmaler, aber tiefer Spalt auf, in dem sich ein Dingi hochkant verstauen lässt. Hineinbugsiert wird es über einen in ebendiesem Stauraum montierten, manuell bedienbaren Kran. Ein sensationelles Feature, das De Antonio auch bei kleineren Modellen anbietet.

Leichter Leben

Das Deck ist als stufenloses Walkaround ausgeführt, am Coupé-Testschiff befand sich vorne eine große Sonnenliege mit Getränkehalterungen und Kopfstütze, gegenüber war eine Sitzbank positioniert. Optional kann man stattdessen an dieser Stelle einen Whirlpool ordern. Klingt abgehoben, ist aber für Familien mit kleinen Kindern sowie in der Marina ein viel genutztes Element, das wesentlich zur Lebensqualität an Bord beiträgt. Die komplett überdachte Plicht mit textilem Schiebedach und großen Fensterflächen wird von einer U-förmigen Bank dominiert, wer mehr Sitzplätze benötigt, findet unter der Bank zwei große Hocker, die sich herausziehen und vor die Klapptische schieben lassen. Eine kreative, praktische Lösung, wie sie für De Antonio typisch ist.

Den gesamten Fahrbericht lesen Sie in der Yachtrevue 4/2023, am Kiosk ab 2. Juni!

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