Zwischen den Zeilen

Crew und Skipper sprechen nicht immer Klartext an Bord, sondern verstecken ihr wahres Anliegen gerne hinter einer nur scheinbar arglosen Bemerkung. Wohl dem, der sie zu deuten weiß …

Zwischen den Zeilen

Nicht alles, was jemand sagt, ist auch so gemeint. In einer sachlich klingenden Äußerung können ganz unterschiedliche Botschaften mitschwingen, das lehren alle Kommunikationsmodelle. Sie zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren ist eine wichtige Voraussetzung für gelungene Beziehungen, egal ob romantischer oder beruflicher Natur.

Auf einer Yacht, in der die Beziehung zwischen Mannschaft und Skipper bekanntlich häufig auf eine harte Probe gestellt wird, gilt dieses Prinzip umso mehr. Der erfahrene Schiffsführer Christian Haidinger, Ehrencommodore des Yachtclub Braunau Simbach, dreifacher Miramar-Preisträger und Buch-Autor, hat über die Jahre typische Sager von Crew und Käpt’n gesammelt und mit Augenzwinkern auf ihre wahre Bedeutung hin abgeklopft. Lesen, lächeln – und sich ertappt fühlen.

Wir laufen nur noch 3,9 Knoten.

Diese scheinbar auf die Schiffsgeschwindigkeit bezogene Aussage wird immer dann getätigt, wenn der Segler, dem eigentlich der Weg das Ziel sein sollte, vom Leinenzupfen bei Leichtwind die Nase voll hat. Er sieht die Ankunft im nächsten Hafen so sehr verzögert, dass er Wein, Gesang sowie manchmal auch die Ausspeisung an Land davonschwimmen sieht.
Wahre Bedeutung: Maschine an!

*

Genua bergen!

Anweisung des Skippers, der aufgrund seines überragenden Talents auch bei zwei Knoten Wind Fahrt aus dem Schiff holen kann, aber soweit zermürbt und vergrämt ist, dass er seine Perlen nicht mehr vor die Säue werfen mag. Indem er einen der unteren Chargen die Maschine anwerfen lässt und das in der Bordhierarchie am weitesten unten befindliche Crewmitglied ans Steuer stellt, zeigt er unmissverständlich, was er von Maschinenfahrt hält. Dann gibt er bekannt, dass man ihn in seiner Kabine findet.
Wahre Bedeutung: Dann fahrt halt unter Maschine, ihr Banausen.

*

Der dort fährt unter Segel.

Dieser nur scheinbar harmlose Hinweis ist nicht mehr oder weniger als ein hinterlistiger Anschlag auf den offenbar leistungsunwilligen Schiffsführer, der, wie gerade bewiesen, trotz segelbarer Bedingungen gegen jede Ehre immer noch die Maschine laufen lässt.
Wahre Bedeutung: Segel setzen!

*

Genua killt!

Ein Vermerk, wie er raffinierter nicht sein könnte. Vordergründig wird eine unvorteilhafte Segelstellung beschrieben, in Wirklichkeit die Kompetenz der Kollegen angezweifelt. Wer das ausspricht, greift gleichzeitig den in den Tag träumenden Vorschoter, den mit anderen Dingen als dem Ruder beschäftigten Rudergänger sowie den die Schiffsführung vernachlässigenden Skipper gleichzeitig an – und das vor versammelter Mannschaft.
Wahre Bedeutung: Gebt eure Funktionen an einen Könner wie mich ab!

Die gesamten humorigen Betrachtungen, die dem Buch "Der Untergang der österreichischen Seefahrt in Anekdoten" von Christian Haidinger entnommen sind, lesen Sie in der Yachtrevue 12/2018, am Kiosk ab 3. Dezember!

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