Schottland

Felix Wente machte einen außergewöhnlichen Törn in ein raues, aber reizvolles Revier

Was hat mich eigentlich nach Schottland getrieben? Vor allem der Wunsch einmal woanders zu segeln. Wir brummen in der Nähe der Insel Hyskeir über die spiegelglatte See und mir kommt Oscar Wilde in den Sinn. Die wahre Tragödie auf Erden, so meinte er, bestünde darin, dass man bekommt, was man sich wünscht. Unsere Bilanz bisher: Lange Anreise, kaum offene Geschäfte und Restaurants, Wasser, das zu kalt zum Baden ist, tägliche Regenschauer. Wie war das nochmal mit dem Geldscheine-Zerreißen unter der Dusche? Ein lautes Klatschen unterbricht mein Grübeln. Eine Delfinschule umringt unser Boot. Die Tiere springen hoch in die Luft, lassen sich ins Wasser fallen, verschwinden pfeilschnell in der Tiefe. Verschwunden sind auch meine kritischen Gedanken. Ich spüre, dass sich der Aufwand gelohnt hat. Sommertörn in Schottland – doch, das war eine gute Idee.
*
Wie schnell die Monate vergangen sind, die ich damit verbracht habe Crewmitglieder zu gewinnen, eine passende Charteryacht ausfindig zu machen und die optimale Route zu planen. Geschütztes Cruisen mit der Familie auf dem kaledonischen Kanal oder dem Firth of Clyde? Inselhüpfen auf den Hebriden? Besuch der Schauplätze des Thrillers „Der keltische Ring“? Oder gleich die herausfordernde, große Tour, die Umrundung Schottland, wie sie Wilfried Erdmann in seinem Buch „Nordsee-Blicke“ beschrieben hat? Erdmann verbrachte allerdings einen ganzen Sommer auf Nordsee und Atlantik, wogegen wir als gewöhnliche Arbeitnehmer nur eine Woche Zeit haben. Nach längerer Diskussion fassen wir einen Entschluss: Wir wollen in neun Tagen einen härteren Törn von Craobh Haven bei Oban bis Inverness segeln, dort geht ein Teil der Crew von Bord und der Rest tourt mit den nachgereisten Familien in fünf Tagen gemütlich durch den kaledonischen Kanal zurück nach Craobh Haven. Ein strammes Programm, aber machbar.
Jetzt stehen wir nach langer Autofahrt vor „unserer“ Yacht Aurora. Tom, der Vercharterer, ist an Bord, reinigt und repariert. „Willkommen in Craobh Haven“, streckt er uns freundlich die Hand entgegen. „Ihr habt euch die härteste Strecke ausgesucht, deshalb checke ich lieber nochmal alles selbst.“ Kunden, die Schottland umrunden wollen, sind selten. Tom gibt uns einen dicken Extrapack Seekarten und jede Menge als Tipps getarnte Ermahnungen mit auf den Weg. Unsere Idee gefällt ihm, schließlich hat er vor 30 Jahren diese Route ebenfalls abgeklappert. Mit Kindern, ohne GPS, allerdings mit mehr Zeit. Nach Übergabe und Stauen ein kurzer Lagecheck: Der Südstrom im Sound of Mull hat bereits eingesetzt, wir haben absolute Windstille. Der erste Schlag wird also kurz, es geht unter Motor nach Colonsay. Zuckerl zum Einstieg ist der Mahlstrom von Corryvreckan, dessen laut donnernde Overfalls im Keltischen Ring drastisch beschrieben sind. Heute präsentiert sich Corryvreckan nur als müde strudelnde Wasserfläche, ein Blick aufs GPS zeigt trotzdem 6 Knoten Gegenstrom. Dank Auroras starkem Motor ist das kein Problem, planmäßig kommen wir am Abend in Colonsay an, machen uns gleich auf den Weg ins Dorf und freuen uns auf ein Abendessens im dortigen Restaurant. Zu früh gefreut – wir werden abgewiesen. Die Kapazität der Küche sei durch die bereits anwesenden 15 Gäste erschöpft, außerdem schließe man um 21 Uhr. Nicht ahnend, dass dies das kulinarische Motto des Törns werden würde, machen wir einen kurzen Inselspaziergang und kochen an Bord.

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