Im Schritttempo
Unaufgeregt. Kaum Verkehr, viel Landschaft und abseits des Kanals ein Leben, das sich auf das Angenehme und Notwendige reduziert. Eine Hausbootfahrt durch das Elsass, in Wort und Bild aufgezeichnet von Roland Regnemer
Landstraße. Nach der Schleuse ist vor der Schleuse. Am Saarkanal bis Sarreguemines sind diese allesamt vollautomatisch. Äußerst überschaubar war der Gegenverkehr
Manchmal ist das Leben eine Einbahnstraße – und das ist gut so. Es macht das Navigieren einfacher, durch den Tag und übers Wasser. Biegt der Fluss ab, hat man eine Kurve zu fahren. Punkt. Keine komplexen Entscheidungen, und so bleibt mehr Zeit und Konzentration für die kleinen Dinge. Dinge, die man daheim, eingezwängt zwischen Arbeit, Freizeit und Familie, nur allzu oft nicht mehr wahrzunehmen vermag. Der Kaffee wird nicht nur gemacht und getrunken, sondern genossen, der Sonnenuntergang nicht wegen einer wirklich wichtigen Telko oder der zu waschenden Wäsche verpasst, sondern bewusst erlebt.
So ein Ausbruch aus dem Hamsterrad gelingt auf einem Hausboot im Elsass ganz hervorragend, wie unsere Reise durch die Flusslandschaft im Dreiländeeck zwischen Frankreich, Deutschland und Luxemburg beweist. Geplant war ursprünglich eine ambitionierte Route, die in einer Woche von der Ausgangsbasis in Hesse nach Nancy und eventuell sogar bis Saarbrücken oder Straßburg führen sollte. Aber als Hausboot-Neuling denkt man mitunter zu groß, kann weder Schleusenzeit noch machbare Länge der Tagesetappen realistisch einschätzen. Daher wurden die Pläne nach dem ersten Gespräch mit den kompetent und vertrauenswürdig wirkenden Damen und Herren der Le-Boat-Basis zurückgestutzt und mögliche kulturelle Highlights auf einen weiteren Törn verschoben.
Als fahrbares Heim war für uns eine 11,5 m lange Horizon 2 der polnischen Delphia-Werft bereit, die – zu Recht – der gehobenen Hausboot-Klasse zuzurechnen ist. Der Salon ist rundum mit getönten Scheiben verglast, die sich mit Vorhängen zusätzlich abdunkeln lassen. Über die außenliegenden Stufen im Heck erreicht man eine ausladende Flybridge mit Steuerstand, Sonnenliegen davor und komfortabler Essecke samt Gasgriller und Spüle. Die Bugkajüte ist großzügig bemessen und hat ebenso wie die etwas kleinere zweite Doppelkajüte daneben einen eigenen Nassbereich. Der Dieselmotor ist entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gedrosselt, um ein führerscheinfreies und gefahrloses Befahren der Flüsse zu gewährleisten. Lenkt man vom Oberdeck aus, kommt geradezu Yacht-Feeling auf. Dank Bug- und Heckstrahlruder fühlt man sich nach wenigen Fahrkilometern und den ersten absolvierten Schleusen sicher und strahlt die Ruhe eines Kapitäns mit jahrzehntelanger Erfahrung aus.