Kaiser hält Hof
Familienbetrieb. Roland Regnemer folgte einer kaiserlichen Einladung nach Bayern, lernte Jürgen den Ersten kennen und tauchte ein in die einzigartige Welt des Ultraleichtbaus bei Sportbooten
Schaulauf. Gezählte fünf Boote brachte Familie Kaiser von der Werft in Straßkirchen in den Motorbootclub nach Straubing an der Donau
Wer braucht schon Formen im Bootsbau? Eigentlich jeder, wie die zahlreichen Werftbesuche der letzten Jahre vermuten lassen. Wirklich jeder? Nein, denn wenn man Teil einer Familie ist, die eine Zimmerei in fünfter Generation betreibt, kann sich auch ein völlig anderer Zugang zum Thema entwickeln. Das beweist Jürgen Kaiser, Gründer der gleichnamigen Werft und einzigartiger Universalist. Ausgangspunkt für die Kaiser Bootsmanufaktur war das elterliche US-Sportboot Glastron. Nachdem es verkauft wurde, folgten einige bootsfreie Jahre, in denen Jürgen Kaiser begann, mit einem selbstgebauten Rumpf zu experimentieren – im elterlichen Zimmerei-Betrieb, auf Basis der Linien der legendären US-Werft und nur für den Eigenbedarf. Da immer neue Ideen im Kopf des umtriebigen und erfinderischen Bayern umherschwirrten, gab es einen Neubau nach dem anderen; die jeweiligen Vormodelle wurden im Freundeskreis verkauft. Von Anfang an setzte Kaiser dabei auf Leichtbau und – wenig überraschend – auf Holz als Grundbaustoff. Beiden Ansätzen blieb er bis heute treu, dazugekommen sind der ebenfalls selbst entwickelte Jet-Antrieb sowie die Auseinandersetzung mit der Elektromobilität am Wasser.
Plattenbau
Zurück zu den Formen, die es im bayerischen Straßkirchen eben nicht gibt. Kaiser-Boote werden aus handelsüblichen Industrie-Holzplatten gebaut, vornehmlich Fichte oder Kiefer. Diese verfügen über eine Industrie-Zertifizierung, das bringt im Vergleich zu klassischem Bootssperrholz höhere mögliche Lasten bei weniger Gewicht mit sich. Aus den Platten werden mit einer CNC-Fräse die Rumpfteile geschnitten, die CAD-Planung dazu macht – eh klar – Jürgen Kaiser selbst: „Jedes Boot ist eine Einzelanfertigung nach Maß. Wir gehen auf die individuellen Wünsche und Anforderungen des Kunden auf Basis unserer erprobten Rümpfe ein, geändert werden maximal die Proportionen.“ Da der Heckbereich der Rumpfform vom gewählten Antrieb abhängt, ist diese Entscheidung vorab zu treffen. Drei Varianten stehen dann für Verbrenner, Elektro oder Jet-Antrieb bereit. Gemeinsam sind allen die herausragende Fahrleistung und – abhängig von der Motorisierung – die mitunter brachiale Beschleunigung. Am beeindruckendsten bei den Testfahrten an der nahen Donau, für die fünf (!) Boote aus der Modellpalette bereitstanden, erwiesen sich jene mit Jet-Antrieb. Diese zeichnen sich durch einzigartiges Kurvenverhalten aus. Der strömungsbedingte Schlupf am Propeller fällt weg, der Rumpf fährt sowieso wie auf Schienen – und so fragen die Gäste an Bord regelmäßig nach renntauglichen Sitzgurten, denn für die auftretende Querbeschleunigung gibt es schlicht und einfach nicht ausreichend Halterungen. Vor allem, wenn mit Joanna und Julian die nächste Generation hinter dem Lenkrad sitzt.