Doppelpass im Osten

Rund um den Neusiedler See passiert Heftiges (siehe auch YR 3/17). Etablierte Clubs, wie der Yachtclub Breitenbrunn oder der Segelclub Weiden, sind in ihrer Existenz gefährdet, weil versucht wird, Grund und Boden anders – sprich: profitabler – zu nutzen als bisher. Bauträger nutzen sogenannte Baulücken, um massiv in das Landschaftsbild einzugreifen und das nicht zum Besseren; eine Unzahl von Windrädern hat ästhetisch ohnehin schon ihre hässlichen Spuren hinterlassen. Was läuft hier ab? Kurz gesagt: der Gentrifizierungs-Oligarchen-Doppelpass. Was das ist? Zwei Phänomene, die sich im konkreten Fall zu einem höchst fragwürdigen Ergebnis ergänzen.

Gentrifizierung kennen wir aus der Stadtentwicklung. In oft heruntergekommenen und mehrfach problematischen Vierteln kommt es zu einem teils bewussten, teils sich ergebenden Zusammenspiel von Spekulanten, Behörden und Nutzungsinteressierten. Aufwendige Modernisierung, Füllung von Baulücken und starke Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes verdrängen viele der ursprünglichen Bewohner und es kommen vermehrt neue, meist gut verdienende Personen der oberen Mittelschicht zum Zug. Das führt häufig zu Konflikten.
Oligarchen (inklusive ihrer tatsächlichen oder vorgeblichen Nichten) existieren nicht nur auf nationaler oder globaler Ebene. Als Personen, die zu den größten privaten Besitzern gehören, über genügend politische Macht zur Förderung ihrer eigenen Interessen verfügen und unterschiedliche, oft auf einander abgestimmte Geschäfte betreiben, gibt es sie auch auf lokaler Ebene. Sie sind wohlbekannt, manchmal im Vordergrund, manchmal graue Eminenzen.

Der Gentrifizierungs-Oligarchen-Doppelpass ergibt rund um den Neusiedler See eine hässliche Mischung. Die lokalen Oligarchen greifen – jedenfalls zu ihrem eigenen, deutlich fragwürdiger zum allgemeinen oder gar umweltbezogenen Wohl – im Zusammenspiel mit lokalen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern massiv in den natürlichen und sozialen Raum ein. Alles transparent und um sozialen Ausgleich, Ästhetik und Öko-Verträglichkeit bemüht? Mehr Fragezeichen, als dem kühlen Betrachter lieb sein kann. Allgemeiner Aufschrei, investigative Recherche? Fehlanzeige. Sind wir abgestumpft, gekauft, mutlos, lediglich um Schadensbegrenzung bemüht? Vermutlich von allem ein bisschen. Schade. Und: Wir werden es bereuen.

Weitere Artikel aus diesem Ressort

Ressort Kreuzpeilung
Am 9. April war Lostag für den Segelsport bei Olympia. Das IOC verkündete auf einer live übertragenen Pressekonferenz die für 2028 gültigen Zahlen in Sachen Teilnehmende und Medaillen. Bereits im Vorfeld war Segeln klarer Wackelkandidat: teuer durch Unterbringung der Boote und der Abwicklung der Wettkämpfe, relativ geringes Publikumsinteresse außerhalb der Nationen mit unmittelbaren Medaillenchancen und schwer durchschaubare Formate und Abläufe. Entsprechend groß dann das Aufatmen: keine Veränderung. Auch in Los Angeles 2028 werden so wie in Marseille insgesamt je 165 Frauen und Männer in 10 Events (‚Klassen‘) um Medaillen segeln. Alles paletti?









 

Rute im Fenster

Ressort Kreuzpeilung
Die Goldmedaillen von Marseille haben Auswirkungen. Das gilt nicht nur für das Ansehen des Segelsports in Österreich und den OeSV im Konzert der Fachverbände, sondern vor allem für die Hauptprotagonisten. Vali Bontus, Luki Mähr und Lara Vadlau sind zu öffentlichen Personen geworden. Sie tauchen in Funk und Fernsehen auf und sind bei Veranstaltungen mit Sportprominenz, etwa dem traditionellen Charity Race auf der Planai, gern gesehen. Gleichzeitig eröffnen sich Möglichkeiten in Sachen Sponsoring und sie können – durchaus gegen Entgelt – ihre Erfahrungen per Vorträgen und Panels über die Sportwelt hinaus verbreiten.









 

Dritte Halbzeit

Ressort Kreuzpeilung
Weihnachten liegt hinter mir und ich genieße die ersten Tage des Jahres 2025 mit einer Tasse dampfendem Darjeeling First Flush. Plötzlich raschelt etwas auf der Terrasse. Ein Blick aus dem Fenster zeigt: Da steht ein großer, prall gefüllter Seesack. Verspätetes Geschenk eines nautischen Epigonen von Santa?









 

Schmiermaxe* ante portas

Ressort Kreuzpeilung
In Nestroys Lumpazivagabundus wusste Knierim: Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang-lang-lang und das bringt er im Kometenlied auch ikonisch zum Ausdruck. Ob Komet, Klimawandel, Migration oder Finanzkrise – dystopische Entwürfe unserer Zukunft haben Konjunktur, soziale Bewegungen wie Rebellion Extinction oder Last Generation drücken hoch angstbesetzt Sorge um den Zustand der Welt aus.









 

Wie lange steht die Welt noch?

Ressort Kreuzpeilung
Nach den olympischen Segelbewerben in Marseille ein weiteres Highlight: der America’s Cup vor Barcelona. Zum Zeitpunkt der Drucklegung war gerade die viertägige Proberegatta mit einem Sieg des Titelverteidigers Emirates Team New Zealand über Luna Rossa Prada Pirelli abgeschlossen. Alle Wettfahrten waren live und on-demand auf YouTube verfügbar. Auf dieser Basis drei Beobachtungen und eine Prognose.









 

Faktor Mensch

Ressort Kreuzpeilung
Yachtclubs in Österreich hatten es gut. Direkt am Wasser auf guten bis sehr guten Plätzen, stabile bis wachsende Mitgliederzahlen, Nachwuchs fast automatisch aus den eigenen Reihen. Eine Erfolgsstory?









 

Festung oder Offenheit?