Rute im Fenster
Am 9. April war Lostag für den Segelsport bei Olympia. Das IOC verkündete auf einer live übertragenen Pressekonferenz die für 2028 gültigen Zahlen in Sachen Teilnehmende und Medaillen. Bereits im Vorfeld war Segeln klarer Wackelkandidat: teuer durch Unterbringung der Boote und der Abwicklung der Wettkämpfe, relativ geringes Publikumsinteresse außerhalb der Nationen mit unmittelbaren Medaillenchancen und schwer durchschaubare Formate und Abläufe. Entsprechend groß dann das Aufatmen: keine Veränderung. Auch in Los Angeles 2028 werden so wie in Marseille insgesamt je 165 Frauen und Männer in 10 Events (‚Klassen‘) um Medaillen segeln. Alles paletti?
Nicht ganz. Oder genauer gesagt: eigentlich nein. Auch wenn Segeln diesmal noch ohne Einschnitte davongekommen ist, hat das IOC World Sailing sehr unmissverständlich die Rute ins Fenster gestellt: Der derzeitige ‚Wert‘ von Segeln für Olympia ist ungenügend. Wert bedeutet für das IOC ‚Medienresonanz‘, unscharf gesagt, wie viele Menschen sich Segeln auf durchaus unterschiedlichen Kanälen anschauen. Vor diesem Hintergrund war etwa das Kite-Finale mit Athleten aus Singapur, Slowenien und Österreich angesichts der Größe dieser Länder eine Katastrophe im Vergleich zum ‚Traum‘ eines mit Kitern aus China, Indien und USA besetzten Showdowns. Und die IOC-Rute hat recht klare Konturen. Sie fordert u. a. eine Verringerung der Segeltage, weniger und kürzere Wettfahrten und eine möglichst gute Planbarkeit von Übertragungen. Zugespitzt: Wenn nicht mit ganz hoher Wahrscheinlichkeit Beginn- und Endzeiten der Wettfahrten vorhersehbar sind, werden sie von OBS, den vom IOC exklusiv beauftragten Olympic Broadcasting Services, erst gar nicht in das Übertragungsprogramm aufgenommen. Damit dann auch keine Medienöffentlichkeit und kein Wert.
Insgesamt starker Tobak. Die Rute erfordert es, alles auf den Prüfstand zu stellen und, etwa im Bereich der Wettfahrtformate, durchaus neue Wege zu gehen. Keine leichte Aufgabe für einen alteingesessenen Sport, der viel auf Tradition hält.