Entflammt – und dann?
Der Segelbazillus hat einen meiner Freunde – nennen wir ihn Willi – in dessen Lebensmitte befallen. Ohne familiären Segelhintergrund sieht sich dieses Kind der Berge plötzlich en masse Videos auf YouTube an, macht Grundkurs und BFA-Binnen in kürzester Zeit. Die Begeisterung scheint zu wachsen und für mich als wohlmeinenden Mentor stellt sich die Frage: wie weiter?
Also zunächst Kontaktversuch mit einem lokalen Club. Hinweis darauf, dass mit Willi ein Segelbegeisterter inklusive Kinder vor der Tür steht. Resonanz null. Nächster Versuch ein ‚look and see‘-Trip zu einem anderen Club. Zeigen der Clubanlage inklusive Ausfahrt, Schilderung des Clublebens (leicht geschönt). Willi reagiert grundsätzlich positiv, aber Höhe von Clubbeitrag und Aufnahmegebühr dämpfen etwas. Er rechnet mir vor, welche Vorzüge das Ausleihen eines Bootes hat: alles ist vorbereitet, 40 Euro für zwei Stunden, keine Schererei mit dem Material. Meine Hinweise auf unterschiedliche Qualitätslevel des Bootsmaterials, Community und die Bedeutung einer umfassenden Beziehung zum Boot (One-day-stand vs. intensive Beziehung!) fallen nicht auf fruchtbaren Boden.
Was lerne ich daraus? Erstens: Segelschulen haben auch jenseits der Einstiegsphase eine wichtige Funktion, um Menschen beim Segeln zu halten. Zweitens: Vorbei die Zeiten, als Eintrittswillige in großer Zahl vor der Clubtür standen und darauf warteten, Teil des Clubs sein zu dürfen, es braucht wohl ein anderes „Geschäftsmodell“. Das bedarf neben einer ausgeprägten Willkommenskultur für Neue vielleicht auch andere Tarif- und Mitgliedschaftsoptionen, neue Wege der Einladung wie Schnupperzeiten (warum eigentlich nur Kinder- und Jugendwochen und nicht auch ähnliches für Spätberufene?) oder Open-House-Angebote für Menschen wie Willi mit hautnahem Kontakt zu den Aushängeschildern des Clubs, einem netten Fest etc. oder verträgliche Formen der auch räumlichen Öffnung. Drittens: Weiter wie bisher spielt es langfristig wohl nicht.