In München steht ein Wellenpool …
Wellenritt. Gemeinsam mit dem heimischen Top-Surfer Patrick Derfler besuchte Roland Regnemer die O₂ Surftown in München und tauchte bei herbstlichen Bedingungen sowohl ein als auch unter
Strikt nach Plan. Perfekte Wellen laufen während der gesamten Betriebszeit und das ganze Jahr hindurch. Höhe, Geschwindigkeit und Kraft ändern sich im Ein-Stunden-Takt
In München, nur einen Steinwurf von einem der größten Flughäfen Europas entfernt, kann man seine Uhr nach den Wellen stellen: In der O₂Surftown laufen das ganze Jahr hindurch surfbare Sets. Erzeugt werden sie von einem pneumatischen Wellensystem, dessen 34 Luftkammern mit Unterdruck arbeiten, nutzbar sind sie für jedermann – vom Einsteiger, der noch nie ein Board unter den Füßen hatte, bis zu den Profis des deutschen oder brasilianischen Nationalteams. Eröffnet wurde der Surf-Pool Mitte August 2025. Zur Verfügung stehen rund 10.000 Quadratmeter Wasserfläche, wobei die Wassertiefe – wie im Meer – von etwa drei Metern zum Rande des Beckens hin abnimmt. Angeschlossen ist ein Surfcenter mit Shop und Restaurant. Es greift das Thema architektonisch auf, erinnert seine Form doch an eine brechende Welle.
Herr der Welle
Video zum Yachtrevue Test in der O2 Surftown München
Im einstündigen Rhythmus gibt es Pointbreaks sowie links- oder rechtsbrechende Wellen, entweder über die gesamte Poollänge von rund 180 m oder beim sogenannten A-Frame von der Mitte der Anlage aus und in beide Richtungen gleichzeitig. Dann fallen im strandnahen Innenbereich die für Anfänger passenden Weißwasserwellen ab, und es können bis zu vier Gruppen gleichzeitig ins salzlose Wasser. Gesteuert wird die Show vom Surftower aus, vergleichbar dem Tower am Flughafen. Statt eines Fluglotsen sitzt dort der Wellenmacher, ein echter Könner seines Fachs. Er dirigiert die Unterdruckkammern, entscheidet über Zeit und Dauer ihrer Aktivierung und damit über Form und Geschwindigkeit der erzeugten Wellen – ein kreativer Künstler, der sich mit einem Organisten vergleichen lässt. Bis zu zwei Meter hohe Wellen entstehen so im derzeit modernsten Surfpark Europas, sogar kleine Tunnel gehen sich aus. Bei Events und Trainingseinheiten der Profis kann auch während der Sessions „händisch“ vom Wellen-Operator nachgebessert werden.
Auf Basis der bisherigen Erfahrungen hat man sieben unterschiedliche, jeweils einstündige Kurse definiert, die online oder vor Ort gebucht werden können. Denn die künstliche Wellenmaschine vor den Toren der bayerischen Hauptstadt ist für Einsteiger ein Hammer. Wucht und Kraft der Wellen sind hier gezähmt und auch für unerfahrene Surfer kalkulierbar. Zwischen den einzelnen Wellen bleibt Zeit, um aus der Brandung (sprich: aus dem Pool) zu kommen und man muss sich auch nicht paddelnd und tauchend hinaus in den Line-Up kämpfen. Stattdessen spaziert man den künstlichen Strand entlang, ist in kürzester Zeit zurück im knietiefen Wasser und mit ein paar Armzügen wieder beim Take-Off. Dort wartet man auf den nächsten Call des Guides. Dieser befindet sich mit Flosse und Auftriebshilfe direkt beim Take-off, positioniert den Surfer, indem er die Nose des Boards anschubst, und verleiht ihm – falls nötig – auch noch ein wenig Schwung, um das Aufstehen zu erleichtern. Softboards in allen Größen, die nach jedem Surf gewechselt werden können, stehen ebenso bereit wie die zur jeweiligen Witterung passenden Neoprenanzüge.
Spielfeld für Profis
Wir haben die Wellenmaschine Mitte Oktober nicht nur aus der Sicht eines Amateurs unter die Lupe genommen. Mit Patrick Derfler, im Brotberuf Lehrer für Bewegung & Sport sowie Mathematik in der Sportmittelschule in St. Pölten, wurden wir bei unserem Ausflug nach München von einem der besten Surfer Österreichs begleitet. Derfler folgt auch abseits des schulischen Stunden- und Ferienplans einem strikten Programm und das richtet sich – wenig überraschend – nach den Wellen weltweit. Im Münchner Wavepool war er nicht zum ersten Mal, für ihn ist die O₂ Surftown die „beste Vorbereitung für das Surfen im Meer und eine optimale Möglichkeit, Material zu testen“. Diesmal hatte er ein nagelneues Board aus Paulsen Surf Garage im Gepäck. Der Spezialist aus Neuaigen bei Tulln beliefert Derfler schon länger mit individuellen Shapes, diesmal galt es für den in den Herbstferien anstehenden Trip nach Portugal ein Shortboard auszuprobieren. Neben den beiden vorab geplanten Expert-Einheiten schob Derfler kurzfristig noch je eine Abend- und Morning-Session ein. Speziell letztere gestaltete sich aufgrund der Wetterbedingungen als Herausforderung: Wasser- und Lufttemperatur waren gerade mal zweistellig, dazu machte dichter Morgennebel die Orientierung im Pool auch für den erfahrenen Surfer äußerst schwierig. Derflers Resümee am Ende des Tages fiel dennoch positiv aus und klingt ebenso simpel wie bestechend richtig: „Jede gesurfte Welle ist eine gute Welle und als Surfer, der in einem Binnenland lebt, musst du jede Chance, die sich dir bietet, nutzen. Von einem so guten Spot, der sich innerhalb weniger Autostunden von zu Hause aus erreichen lässt und zudem eine Wellen-Garantie bietet, hätten wir vor ein paar Jahren nicht einmal zu träumen gewagt.“