Faktor Mensch

Nach den olympischen Segelbewerben in Marseille ein weiteres Highlight: der America’s Cup vor Barcelona. Zum Zeitpunkt der Drucklegung war gerade die viertägige Proberegatta mit einem Sieg des Titelverteidigers Emirates Team New Zealand über Luna Rossa Prada Pirelli abgeschlossen. Alle Wettfahrten waren live und on-demand auf YouTube verfügbar. Auf dieser Basis drei Beobachtungen und eine Prognose.

• Hohe Medientauglichkeit

Segeln präsentiert sich hervorragend. Kameras an Bord und im Hubschrauber, die virtuellen Überblendungen zur Verdeutlichung des Kurses und dessen Grenzen, Geschwindigkeitsdaten (SOG, VMG), die Kommentare von Medien- und Segelprofis während der Wettfahrten – wirklich gut, nicht nur für Segelinsider.

• Spannendes Live-Audio

Auf jedem Boot sind die Protagonisten durch das spezielle Design (4 Personen Steuerbord, 4 Backbord) und die visuelle Barriere dazwischen (Großsegel schließt mit dem Deck ab) voneinander getrennt. Die Zuschauer können die Gespräche live mithören und ich bin sehr gespannt, was den Beteiligten da in echten Stresssituationen noch auskommen wird. Vorläufig aber erstaunlich, wie knapp und ruhig (bisher) geredet wird.

• Viele, aber nicht alle Wege führen nach Rom

Die Designteams haben offensichtlich recht unterschiedliche Ansätze gewählt, um für die Bedingungen in Barcelona wettbewerbsfähig zu sein. Trotzdem scheint es kein eklatant überlegenes Boot zu geben. Aufholbedarf dürften am ehesten die Teams aus der Schweiz und aus Großbritannien haben.

Aber am deutlichsten bisher: die unverändert hohe Bedeutung des Faktors Mensch. Zu früh an der Startlinie, beim Zurückfahren nach Frühstart keine vollständige Entlastung, z. T. mehrfache Regelverletzungen bei schlichten Bb/Stb- und Lee/Luv-Situationen usw. ließen den jeweiligen Coaches die Haare zu Berge stehen. Daher meine Prognose: Nicht die Überlegenheit einer der Rennmaschinen, sondern der Mensch am Wasser wird die 37. Auflage des Cups entscheiden.

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