Sturzbäche des Wissens

Was verbindet ein Volvo-Ocean-Race-Vortrag von Andreas Hanakamp während der Jugendwoche des YC Podersdorf, die regelmäßige Teilnahme von Mitgliedern des österreichischen RC44-Teams bei Sprinto-Regatten und die Präsentations-Aktivitäten des Norbert Sedlacek? Sie sind Teil eines Knowledge Flow, der Verbreitung von Wissen, das ein neues Kapitel im österreichischen Segelsport aufschlagen wird.
Knowledge Management ist eines der heißen „buzzwords“. Unternehmen und ganze Volkswirtschaften betrachten Wissen als neuen, vielleicht entscheidenden Produktionsfaktor neben Arbeit, Kapital und Boden, die EU will gar zu einer führenden Wissensgesellschaft werden. Entscheidend dabei ist der Knowledge Flow, das Fließen des Wissens zwischen verschiedenen Ebenen und Akteuren. Traditionellerweise war der österreichische Segelsport mit dem global gültigen Wissensstand im Wesentlichen über seine Olympia-Akteure und deren Trainer vertreten. Diese hatten Anschluss an die neuesten Entwicklungen und gaben das mehr oder weniger implizit – oder auch ganz bewusst – weiter.
Die deutlich ausgeweiteten Aktivitäten österreichischer Segler in Bereichen außerhalb von Olympia erschließen dem Segelsport in unserem Land gegenwärtig neue Dimensionen. Gleichgültig, was man von den Erfolgsaussichten der eingangs genannten Projekte oder Match-Race-Auftritten von Hans Spitzauer oder Christian Binder hält – für die innerösterreichischen Entwicklungen sind sie Gold wert und bereits jetzt ein Erfolg. Sie stellen auf der Ebene von Material, Taktik und Technik, Denken übers Segeln, Integration von Segelsport in das eigene Leben oder gar Ausrichtung des gesamten Lebens auf den Segelsport eine Fülle von bisher nicht dagewesenem Anschauungsmaterial bereit, das bereits erste Spuren hinterlässt. Ein paar kleine Beispiele: abgespeckte und amateuerhafte Versionen der optimalen Einsatzbereiche verschiedener Segel finden sich auf Yachten bei diversen Cups in der Adria; Match-Race-Elemente tauchen während des Zweikampfs in einer normalen Regatta auf; eine kleine, aber feine Szene steht für Big-Boat-Einsätze genauso bereit wie für Jollen; in vielen informellen Gesprächen werden – meist nebenbei – Erfahrungen weitergegeben.
Persönlich halte ich das für eine der spannendsten Entwicklungen in den letzten Jahren, die dem Segelsport sehr gut tun. Wenn die Proponenten noch mehr als bisher ihre Rolle als Wissensverbreiter bewusst wahrnehmen, dann umso besser – aber auch so gibt es schon Sturzbäche des Wissens, die uns Normalsterbliche herrlich erfrischen.

Weitere Artikel aus diesem Ressort

Ressort Kreuzpeilung
Wer kennt sie nicht, die Klagen über den Nachwuchs, der sich grottenolmig viereckige Augen heranzüchtet durch ständiges Online-Sein? Häufig dann der Ratschlag: „Mach doch mehr Sport!“ Aber Achtung, aufgepasst! Diese gut gemeinte Ermutigung kann zukünftig vom Regen in die Traufe führen. Warum? eSports ist massiv auf dem Vormarsch.









 

Couch Potato

Ressort Kreuzpeilung
Der sanft fallende Schnee dämpft die Geräusche von der Straße. Eine Tasse dampfenden Chai Latte – mann entwickelt sich – und ein Buch in der Hand, Vanillekipferl vor mir, Herz, was willst du advent-abendlich mehr.









 

Tiefe Gräben

Ressort Kreuzpeilung
Jahreskonferenz von World Sailing (WS) im spanischen Malaga. An die 300 Personen versammeln sich im November, um über verschiedenste Aspekte des Segelsports zu diskutieren. Das Themenspektrum ist breit. Es reicht von mittels 3D-Scanner durchgeführter Vermessung der Foils bei Nacras mit Herstellungstoleranzen im 0,2-mm-Bereich über Debatten zur WS Olympic Vision bis hin zur vom ukrainischen Segelverband aufgeworfenen Frage, ob man das russische Pendant nicht eigentlich wegen seiner als illegal angesehenen Segelaktivitäten auf der besetzten Krim aus WS ausschließen müsste.









 

Geist der Regeln

Ressort Kreuzpeilung
Der Segelsport hat beim ersten Hinschauen ein grünes Mäntelchen um. Wind und Wasser als primäre Zutaten, da sollte wenig schiefgehen. Ein genauer Blick zeigt allerdings, dass wir gut daran täten, unseren geliebten Sport in Sachen Umweltfreundlichkeit auf ein neues Niveau zu bringen. Es gilt eine Reihe von Potenzialen zu heben, um unseren Beitrag zum Überleben des Planeten zu leisten. Sicher, viel ist schon getan worden. Wenn wir in die Clubs schauen, dann sehen wir z. B. Auffangvorrichtungen für Abwasser bei Krananlagen, Mülltrennung und energieeffiziente Beleuchtungen. Auch bei den Booten gibt es Verbesserungen, etwa hinsichtlich Fäkalien oder umweltfreundlichere Lacke und Unterwasseranstriche. Aber trotzdem kratzen wir erst an der Oberfläche.









 

Kleines Umweltschweinderl

Ressort Kreuzpeilung
Beruflich bedingt eine Reise nach Boston, USA, mit anschließendem Kurzaufenthalt in einem kleinen Kloster im Südteil der Stadt, um Körper, Seele und Geist ein wenig einzu-norden. Ein nachmittäglicher Spaziergang führte mich zum Jamaica Pond, einem kleinen Gewässer von 600 x 500 m, eingezwängt zwischen zwei stark befahrene Straßen, aber umgeben von viel Grün und einem schönen, häufig als Laufstrecke genutzten Rundweg.









 

Mutiges Segeln am Teich

Ressort Kreuzpeilung
The Ocean Race, Den Haag, 15. Juni, 18:33 CEST: Der große Favorit für den Gesamtsieg, 11th Hour Racing Team mit US-Skipper Charlie Enright, wird in einer simplen Backbord-Steuerbord-Situation am direkten Anlieger zur Bahnmarke von Guyot – Team Europe unter Benjamin Dutreux klassisch abgeschossen. Zum Glück wird niemand verletzt, obwohl sich das Bugspriet von Team Europe tief ins Innere der anderen Yacht bohrt, knapp neben die Arbeitsplätze von Skipper und Crew. Nichtsdestotrotz folgenschwer: Beide Teams müssen aufgeben. Besonders pikant: Die US-Amerikaner hatten dem europäischen Team nach dessen Mastbruch ihren Ersatzmast fürs Comeback zur Verfügung gestellt.









 

Verachtet mir die Grundlagen nicht