Tradition und Moderne

In vielen nautischen Betrieben des Landes ist die nächste Generation Teil der Crew oder steht bereits in voller Verantwortung am Ruder. Wir haben die aufstrebenden Jungen vor den Vorhang geholt und lassen sie zu Wort kommen

Tradition und Moderne

Familienbetrieb. Das klingt nach einer verschworenen Gemeinschaft, die an einem Strang zieht, und nach harmonischer Zusammenarbeit im Kreise seiner Liebsten. Ideelle und reale Werte werden über Generationen hinweg bewahrt, die Jungen profitieren vom Erfahrungsschatz der Älteren und steuern ihrerseits neue Ideen sowie eine gewisse Unbekümmertheit bei. Soweit die Theorie. In der Praxis birgt diese Konstellation aber jede Menge Konfliktpotenzial. Wie viel Bewegungsspielraum und Mitspracherecht wird den Jungen zugestanden? Wer trägt für welchen Bereich die Verantwortung, wer trifft im Falle unterschiedlicher Ansichten die Entscheidungen? Über solche Fragen kann man sich leicht in die Haare kommen.

In Österreich befinden sich über 80 Prozent der Unternehmen in Familienbesitz und bis vor etwa einem Jahrzehnt konnten drei Viertel dieser Betriebe die Nachfolge auch innerhalb der Familie regeln. Aktuell gelingt das nur noch in rund der Hälfte der Fälle. War es früher undenkbar, den Weg der Eltern nicht fortzusetzen, ziehen Heranwachsende heutzutage ohne Scheu andere Perspektiven in Betracht – Stichwort Work Life Balance – und werden diesbezüglich innerhalb der Familie auch seltener unter Druck gesetzt.

Umso bemerkenswerter ist es, dass die Weitergabe des Staffelholzes im nautischen Bereich besonders häufig und besonders gut zu gelingen scheint. Das beweisen jene fünfzehn junge Frauen und Männer, die wir auf den folgenden Seiten vorstellen.

Paul Schmalzl/Boote Schmalzl

Gekommen um zu bleiben

Abgeschlossenes Studium der Betriebswirtschaft, Auslandsaufenthalte in London und Shanghai, Job bei einem Unternehmensberater in Wien, Großstadtleben, strategische Karriereplanung. Paul Schmalzl dachte nicht im entferntesten daran, in die Provinz zurückzukehren, wollte den Vater, der ihn um Rat rund um die komplexe Finanzierung des von ihm in Velden initiierten Marina Village fragte, aber auch nicht vor den Kopf stoßen. Also übersiedelte er von der Hauptstadt nach Kärnten, um ihn mit seinem einschlägigen Knowhow zu unterstützen. Zeithorizont: Maximal zwei Jahre. Doch bereits nach dem ersten Sommer am Wörthersee machte es Klick und er wusste, dass er an seinem Platz angekommen war. Seit 2016 arbeiten Junior und Senior Seite an Seite in dem 1959 gegründeten Unternehmen, wobei sich Paul Schmalzl vorrangig um Tagesgeschäft, Mitarbeiterteam, Verkauf und Marketing kümmert. „Ich bin ein guter operativer Umsetzer, strukturiert und gewissenhaft“, skizziert der 34-Jährige die Zuständigkeiten, „er ein impulsiver Visionär, der die Dinge im großen Zusammenhang sieht und mehr aus dem Bauch heraus agiert.“ Beim Einstieg geholfen habe ihm das Vertrauen, das ihm der Vater von Anfang an entgegen gebracht habe: „Er kann gut Verantwortung abgeben und hat es mir leicht gemacht, mich in meine neue Rolle einzuleben.“ Eine Rolle, die Paul Schmalzl mittlerweile breit angelegt hat: Er ist mit einer Kärntnerin verheiratet, zwei Töchter komplettieren das Familienglück.

Christoph Grassl/Trend Travel Yachting

Großvater als Vorbild

Das Tiroler Charterunternehmen ist nicht nur ein Dauerbrenner in der Branche, sondern auch ein Familienbetrieb, wie er im Buche steht. Das Gründerpaar Albert und Klara Grassl steht seit über 30 Jahren an der Spitze, die beiden Söhne Hannes und Christian sowie Tochter Margit sind in unterschiedlichen Funktionen in die Firma integriert. Seit 2015 trägt mit Christoph Grassl auch ein Enkel seinen Teil zum Erfolg bei; er ist für die Bereiche Charter, Verkauf und Marketing zuständig. Von langer Hand geplant war das nicht, gibt der 35-Jährige offen zu. „Ich komme eigentlich aus einer anderen Sparte, habe Sport-, Kultur- und Eventmanagement studiert und bei einer großen Versicherung gearbeitet. Aber irgendwann habe ich mich in dieser Branche nicht mehr wohl gefühlt.“ Als bei Trend Travel ein Posten frei wurde, ergriff er die Chance für eine Neuorientierung. „Segeln war natürlich bei uns daheim immer ein Thema. Ich dachte mir, ich schau es mir einfach mal an.“ Was er in Kirchbichl zu sehen bekam, gefiel ihm so gut, dass er sich heute keinen besseren Job vorstellen kann. Die Großfamilien-Konstellation empfindet er als vorteilhaft: „Bei uns gibt es flache Hierarchien, ich kann zwanglos und offen kommunizieren, werde mit meiner Meinung angehört und ernst genommen.“ Dass bei jeder privaten Feier früher oder später auch übers Geschäft geredet werde, sei halt die Kehrseite der Medaille, lächelt er, störe ihn aber nicht. Für Opa Albert hegt er größte Bewunderung: „Er arbeitet superhart, hat ein extremes Durchhaltevermögen und stürzt sich mit Freude in jede Aufgabe. Mir kommt vor, je schwieriger es wird, desto gelassener und fokussierter ist er. Da können wir Jungen uns eine Scheibe davon abschneiden.“

Florian Ascherl/Ascherl Bootszubehör

Harte, aber lohnende Lehrjahre

HTL erledigt, Zivildienst auch. Und jetzt? Lass es mich bei dir in der Firma versuchen, schlug Florian Ascherl dem Vater im Juni 2017 vor und der sagte nicht nein. An der Hand nahm er ihn aber nicht, ließ ihn vielmehr mit Anlauf ins kalte Wasser springen. Dort schlugen erst einmal die Wellen über dem Kopf des damals 20-Jährigen zusammen. „Die ersten zwei Jahre waren ein Wahnsinn für mich“, erinnert sich der Junior, „ich war permanent überfordert, von den vielen Produkten, den Kunden mit ihren unterschiedlichen Konditionen und Ansprüchen, den diversen Anfragen. Das hat mich echt überrumpelt.“ Wundern braucht einen das nicht: 6.000 Artikel hat der Vorarlberger Großhändler im Programm, vom Schlüsselanhänger bis zum Schlauchboot, da den Überblick zu bekommen, ist eine echte Herausforderung. Eine Herausforderung, der sich Florian Ascherl stellte. „Ich hab mich bewusst durch diese schwierige Phase gekämpft“, sagt er, „und musste oft und oft meinen inneren Schweinehund überwinden. Heute weiß ich immer noch nicht alles, bin aber im Tagesgeschäft schon sehr sicher.“ Was er auch weiß: Der eingeschlagene Weg ist für ihn richtig. Daher will er sich in den kommenden Jahren gezielt weiterbilden, in allen Unternehmensbereichen kompetent werden. Derzeit ist er für Marketing, Katalog, Webseite und generell den öffentlichen Auftritt zuständig, hat auch schon einige Veränderungen umgesetzt. Dass er bei seinen Themen große Freiheit genießt und eigenverantwortlich agieren kann, weiß er zu schätzen, die Zusammenarbeit mit Vater Gerhard bezeichnet er als „meistens spaßig“. Und: „Alles, was ich in Bezug auf die Firma kann, habe ich mir von ihm abgeschaut.“

Die gesamte Story mit allen Kurzporträts lesen Sie in der Yachtrevue 1/2022, am Kiosk ab 31. Dezember!

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