Wettlauf der Titanen

Bei der Brest Atlantiques traten erstmals vier Ultim-Trimarane bei einer Langstreckenregatta an. Sie kämpften nicht nur gegen Wind und Welle, sondern auch gegen jene unsichtbare Gefahr, die als UFO unter der Wasseroberfläche lauert

Wettlauf der Titanen

Man nennt sie Monster der Meere. Ein Ultim-Trimaran ist zwischen 30 und 32 Meter lang, bis zu 23 Meter breit, kann eine maximale Segelfläche von fast 700 Quadratmetern tragen und eine Geschwindigkeit von 50 Knoten erreichen. Francis Joyon und seine Crew umrundeten auf so einem Dreibeiner in 40 Tagen und 23 Minuten den Globus und holten so die Jules Verne Trophy für die schnellste Weltumsegelung, Francois Gabart benötigte im Solo-Modus etwas mehr als 42 Tage; beide Rekordzeiten wurden 2017 aufgestellt und sind bis heute ungebrochen. Zuletzt lernten die Riesen auch noch fliegen: Einer nach dem anderen wurde mit Foils aufgerüstet oder als Neubau von Haus aus damit ausgestattet, hob sich aus dem Wasser und damit den Wow-Faktor auf ein ungeahntes Niveau.

Die Regatta Brest Atlantique schickte diese Giganten erstmals auf eine Langstrecke unter Wettkampfbedingungen. Vier Ultimes nahmen teil und wurden, wie von der Ausschreibung vorgegeben, jeweils von einem Duo geskippert: Franck Cammas und Charles Caudrelier befehligten Maxi Edmond de Rothschild, Francois Gabart und Gwénolé Gahinet waren auf Macif, Thomas Coville und Jean-Luc Nélias auf Sodebo zugange und Yves Le Blevec stellte sich mit Alex Pella, dem einzige Nicht-Franzosen, auf Actual Leader der Herausforderung. Start- und Ziellinie lagen vor Brest, dazwischen galt es eine 14.000 Meilen lange Atlantik-Schleife mit Wegpunkten vor Rio de Janeiro und Kapstadt abzusegeln. Um der interessierten Öffentlichkeit Bilder von dieser Veranstaltung liefern zu können, befand sich an Bord jedes Trimarans zudem ein Mediamann, der sich aus allen seglerischen Belangen heraushalten musste und ausschließlich für die Produktion von möglichst spektakulären Fotos und Videos zuständig war.

Und die gab es von Beginn an. Wegen eines Sturmtiefs musste der Start um zwei Tage nach hinten verschoben werden, als die vier Teilnehmer schließlich über die Linie gingen, waren sie immer noch mit 30 Knoten Wind und fünf Meter hohen Wellen konfrontiert und rauschten in einem wilden Ritt über die Biskaya. In der zweiten Nacht auf See setzte sich die von vielen Experten favorisierte Edmond de Rothschild an die Spitze. Sie ist mit 32 Metern Länge das größte Boot der Flotte und gilt als Maß der Dinge in der Ultime-Klasse. Unter dem Hauptrumpf sitzt ein T-förmiger Foil, seitlich sind L-Foils montiert, seit ihrem Stapellauf vor rund zwei Jahren wurde die Konstruktion in aufwendiger Kleinarbeit permanent optimiert.

Auffahrunfall

Mit der frühen Führung schien sie den in sie gesetzten Erwartungen gerecht zu werden – doch dann kollidierte sie in voller Fahrt mit einem unbekannten, im Wasser treibenden Objekt, UFO genannt (Unidentified Floating Object). Dabei wurde das Schwert im Mittelrumpf so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass sich Cammas und Caudrelier zu einem Stopp vor Salvador, Brasilien, gezwungen sahen. Eilig wurde ein Technik-Team eingeflogen, dem es gelang, in knapp 14 Stunden eine Reparatur hinzubekommen. Als die Edmond de Rothschild das Rennen wieder aufnehmen konnte, lagen dennoch alle drei Konkurrenten voran. Verfolgungsjagd war angesagt und Actual Leader, das älteste und langsamste Boot im Feld, tatsächlich rasch wieder eingeholt. Die Macif hätte der Edmond de Rothschild mehr entgegenzusetzen gehabt, sie wurde aber ebenfalls Opfer eines UFO-Zwischenfalls. Dabei ging das Mittelruder zu Bruch. Es musste im Olympiahafen von Rio getauscht werden, was für Francois Gabart und Gwénolé Gahinet eine unfreiwillige Pause von fast 24 Stunden bedeutete. Von diesem Boxenstopp erholte sich das Team nicht mehr – zu groß war der Rückstand auf die wiedererstarkte Edmond de Rothschild.

Noch schlimmer erwischte es Sodebo, das neueste und interessanteste Boot der Flotte, das erst im April 2019 zu Wasser gelassen worden war und mit radikalen Design-Ideen überraschte. Sodebo traf im Südatlantik bei einer Geschwindigkeit von 30 Knoten ein UFO und verlor dabei sein Steuerbordruder; als Folgeerscheinung erlitt auch das Heck des Steuerbordschwimmers einen massiven Schaden.

Die gesamte Story inklusive einem Interview mit einem Austrofranzosen, der in Linz lebt und ein System zur Kollisionsvermeidung für Rennyachten erfunden hat, lesen Sie in der Yachtrevue 1/2020, am Kiosk ab 2. Jänner!

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