Einsamer Großbaum

Sind Sie ein Muggel, nicht à la Harry Potter, sondern einer aus dem Geocaching-Universum? Von Geocaching noch nichts gehört? Dann sind Sie ein Muggel. Bis vor Kurzem war auch ich völlig unberührt von dieser Welt der elektronischen Schatzsucher. Sie heben mit Hilfe von im Internet verfügbaren geographischen Koordinaten, oft unterstützt von GPS-Geräten, sogenannte Caches. Das sind unterschiedlich große Behälter zwischen Nano und Large, in denen sich ein Logbuch zum Eintrag des Auffindens und zum Teil kleine Tauschgegenstände befinden. Die Geocacher vermerken den Fund unter ihrem Benutzernamen im Internet und können sich so eines weiteren Skalps, äh, Caches rühmen (mehr dazu in Wikipedia unter ‚Geocaching‘ und auf www.geocaching.com). Vor uns Muggels, d.h. Nicht-Geocachern, ist das Auffinden eines Caches zu verheimlichen, wir sind die, die bei Geocaching amüsiert-verwundert blicken oder gar, Gotte bewahre, zufällig einen Cache entdecken.
Die aus Köln angereiste Verwandtschaft meiner besseren Hälfte machte mich während ihres Urlaubs bei uns im Burgenland regelmäßig zum Muggel. Manchmal unbeteiligt vom Gartenstuhl aus den Aufbruch beobachtend, hin und wieder als Teil des Fahrrad-Trecks auf dem Weg zum Cache, selten, aber doch, als unverzichtbares Maultier, wenn sich das Objekt der Begierde auf einer Insel befand. Dann wurden Manta oder Sprinto zum Ritt über den See gesattelt. Am Ort der Sehnsucht zuerst eine Analyse vom Boot aus für die beste Stelle zur Landung, danach in bester U.S.-Marines-Tradition raus aus dem Boot, durch das Schilf gewatet und die Suche aufgenommen. Schließlich idealerweise das Signal: Cache gehoben! Oft kein Problem, manchmal verbunden mit hüfthohem Einsinken im Schlamm; zum Teil kam das Boot beim Absetzen und Aufnehmen der Cacher in gefährlich seichte Gewässer – ein gewisser Spannungsfaktor war also vorhanden.
Ach ja, und wieso der Titel “Einsamer Großbaum“? So hieß der Cache, der am einzeln stehenden, weithin sichtbaren Baum inmitten des Podersdorfer Schoppen, der größten Schilfinsel am Neusiedler See, verborgen war. Hintergründigen Humor haben sie ja, die Geocacher …

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Der Segelbazillus hat einen meiner Freunde – nennen wir ihn Willi – in dessen Lebensmitte befallen. Ohne familiären Segelhintergrund sieht sich dieses Kind der Berge plötzlich en masse Videos auf YouTube an, macht Grundkurs und BFA-Binnen in kürzester Zeit. Die Begeisterung scheint zu wachsen und für mich als wohlmeinenden Mentor stellt sich die Frage: wie weiter?









 

Entflammt – und dann?

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Am 19. August 2024 sank die 184 Fuß/56 m lange und von der Herstellerwerft Perini Navi als „unsinkbar“ bezeichnete Superyacht Bayesian vor Porticello (Sizilien) in nur 16 Minuten. Ursache war eine extrem starke Fallböe mit Windgeschwindigkeiten bis 130 km/h. Die Krängung über 70° hinaus – wesentlich erleichtert durch den extrem hohen Mast und einen vor Anker hochgeholten Kiel – war fatal: das Schiff kenterte in weniger als 15 Sekunden. An Bord waren 22 Personen, darunter der britische Tech-Milliardär Mike Lynch, seine Tochter Hannah und mehrere Bekannte. Sieben Menschen starben, 15 überlebten. Gegen den Kapitän und zwei Crewmitglieder wird derzeit wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Die zehn Monate später gestartete Bergung wurde durch den Tod eines Tauchers verzögert. Am 22. Juni dieses Jahres konnte das gesunkene Boot schließlich ohne den schon vorher vom Rumpf getrennten Mast und Großbaum vom Meeresgrund an die Oberfläche gebracht werden und steht nun für weitere Untersuchung zur Verfügung.









 

Der Untergang der Bayesian

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Am 9. April war Lostag für den Segelsport bei Olympia. Das IOC verkündete auf einer live übertragenen Pressekonferenz die für 2028 gültigen Zahlen in Sachen Teilnehmende und Medaillen. Bereits im Vorfeld war Segeln klarer Wackelkandidat: teuer durch Unterbringung der Boote und der Abwicklung der Wettkämpfe, relativ geringes Publikumsinteresse außerhalb der Nationen mit unmittelbaren Medaillenchancen und schwer durchschaubare Formate und Abläufe. Entsprechend groß dann das Aufatmen: keine Veränderung. Auch in Los Angeles 2028 werden so wie in Marseille insgesamt je 165 Frauen und Männer in 10 Events (‚Klassen‘) um Medaillen segeln. Alles paletti?









 

Rute im Fenster

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Die Goldmedaillen von Marseille haben Auswirkungen. Das gilt nicht nur für das Ansehen des Segelsports in Österreich und den OeSV im Konzert der Fachverbände, sondern vor allem für die Hauptprotagonisten. Vali Bontus, Luki Mähr und Lara Vadlau sind zu öffentlichen Personen geworden. Sie tauchen in Funk und Fernsehen auf und sind bei Veranstaltungen mit Sportprominenz, etwa dem traditionellen Charity Race auf der Planai, gern gesehen. Gleichzeitig eröffnen sich Möglichkeiten in Sachen Sponsoring und sie können – durchaus gegen Entgelt – ihre Erfahrungen per Vorträgen und Panels über die Sportwelt hinaus verbreiten.









 

Dritte Halbzeit

Ressort Kreuzpeilung
Weihnachten liegt hinter mir und ich genieße die ersten Tage des Jahres 2025 mit einer Tasse dampfendem Darjeeling First Flush. Plötzlich raschelt etwas auf der Terrasse. Ein Blick aus dem Fenster zeigt: Da steht ein großer, prall gefüllter Seesack. Verspätetes Geschenk eines nautischen Epigonen von Santa?









 

Schmiermaxe* ante portas

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In Nestroys Lumpazivagabundus wusste Knierim: Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang-lang-lang und das bringt er im Kometenlied auch ikonisch zum Ausdruck. Ob Komet, Klimawandel, Migration oder Finanzkrise – dystopische Entwürfe unserer Zukunft haben Konjunktur, soziale Bewegungen wie Rebellion Extinction oder Last Generation drücken hoch angstbesetzt Sorge um den Zustand der Welt aus.









 

Wie lange steht die Welt noch?