Einheitsklasse im Volvo Ocean Race

Veranstalter baut selbst acht 65-Fuß-Yachten für Rennen ab 2014/15

Regattachef Knut Frostad, selbst viermaliger Teilnehmer am VOR, erhofft sich von der neuen Klasse mehr Teilnehmer

Regattachef Knut Frostad, selbst viermaliger Teilnehmer am VOR, erhofft sich von der neuen Klasse mehr Teilnehmer

Die härteste Regatta rund um die Welt wird künftig auf einheitlichen, knapp 20 Meter langen Hochseeyachten gesegelt. Die Veranstalter des Volvo Ocean Race werden selbst acht Boote bauen lassen und an die Teilnehmer der nächsten, dann zwölften Rennauflage seit 1973/74 weitergeben, die in den Jahren 2014/15 stattfinden wird. Das wurde am Donnerstag (28. Juni) im französischen Lorient bekannt, wo am kommenden Sonntag (1. Juli) die letzte Etappe der laufenden Regatta gestartet wird. Sie endet zwei Tage später im irischen Hafen von Galway. Topfavorit auf den Gesamtsieg ist die „Groupama“ unter Skipper Franck Cammas aus Frankreich. Sie führt mit 23 Punkten vor der „Puma“ mit US-Skipper Ken Read und dem Kieler Vorschiffsmann Michael Müller als einzigem Deutschen im Feld.

Die Konstruktionszeichnungen für den neuen Bootstyp mit der Bezeichnung Volvo 65 (V65) kommen von Farr Yacht Design aus den USA. Ein Konsortium von vier Werften aus Frankreich, Italien, der Schweiz und Großbritannien wird die Hightech-Racer nach vorgegebenem Standard einheitlich bauen. Grund: Die Entwicklungskosten sollen minimiert und eingefroren werden, um die Anzahl teilnehmender Syndikate von zuletzt sechs auf mindestens acht, besser zehn oder mehr in 2014 und im darauf folgenden Rennen zu erhöhen. Weitere Ersparnisse erwarten die Organisatoren von der Reduzierung der Crewstärke von zehn auf acht sowie der zugelassenen Segel von zehn auf sieben. Eine erfolgversprechende Kampagne soll künftig für 12 bis 15 Millionen Euro möglich sein, ein 30 bis 40 Prozent geringes Budget als bislang.

„Dieser Schritt ist ein Meilenstein für das Volvo Ocean Race und führt es in eine neue, stärkere Ära“, sagte Regattachef Knut Frostad, selbst viermaliger Teilnehmer. „Diese Boote nach striktem One-Design, aber neustem Stand der Technologie werden die Aktiven und die Zuschauer gleichermaßen begeistern.“ Obwohl mit einer Deckslänge von 65 Fuß (19,80 Meter) 1,70 Meter kürzer, als die Yachten der derzeitigen Volvo Open 70-Klasse, sollen die V65 ein noch etwas höheres Geschwindigkeitspotenzial haben. Dazu wird der Tiefgang um 20 Zentimeter auf 4,70 Meter verlängert, während das Gesamtgewicht um 3,25 auf 10,75 Tonnen sinkt. Mit geringerer Segelfläche am und vor dem Wind sollen Handhabung und physische Belastung leichter werden, damit auch eine Frauencrew mit zwei zusätzlichen Seglerinnen eine realistische Siegchance hätte. Die Baukosten für eine segelfertige Yacht belaufen sich auf etwa 4,5 Millionen Euro, deutlich weniger als bei einem VO70, wo vor allem das individuelle Design zu Buche schlug.

Der Entscheidung zugunsten der Volvo 65 nach einem Farr-Design gingen wochenlange Beratungen mit verschiedenen Konstrukteuren, Hochseeseglern, Sponsoren und weiteren Beteiligten voraus. Ein Einfrieren der Bauformel der bestehenden VO70-Yachten wurde dabei genauso verworfen wie ein Wechsel zur IMOCA Open 60, mit der Einhand- und Zweihandrennen um die Welt gesegelt werden, als auch zu Mehrrumpfbooten. Frostad: „Einrumpfhochseeyachten gehören zur DNA des Volvo Ocean Race. Sie haben sich zudem als TV-Plattform bewährt, was wir mit mehr Liveübertragungen noch stärker ausbauen wollen.“ Ein zusätzliches Crewmitglied wird an Bord wieder ausschließlich für die Medienarbeit zuständig sein.

Ein wichtiger Aspekt der Einheitsklasse ist auch das Ziel, im nächsten Rennen materialbedingte Ausfälle zu minimieren. Seit dem Start des elften Volvo Ocean Race im vorigen Herbst hatte es zahlreiche Mast- und Rumpfbrüche gegeben, so dass zeitweise nur noch zwei Boote gleichzeitig unterwegs waren, während andere repariert werden mussten. „Die Zuverlässigkeit und Sicherheit wird wachsen“, versprach Frostad. Da die Konkurrenten ihre Yachten nicht mehr selbst optimieren können, was einen Wettlauf der maximalen Gewichtsreduzierung ausgelöst hatte und als Ursache für viele Schäden gesehen wird, dürfte die Rechnung aufgehen.

Die Boote sollen so konstruiert werden, dass sie auch gleich für die übernächste Regatta in 2017/18 taugen. Die verschiedenen Bauteile kommen von den Werften „Multiplast“ (Frankreich), „Persico“ (Italien) und „Decision“ (Schweiz). Die Endfertigung erfolgt bei „Green Marine“ in Hythe/England. Das erste V65-Exemplar soll im Juni 2013 vom Stapel laufen, das letzte im Juli 2014 einige Monate vor dem nächsten Regattastart. Sollte das Interesse das Angebot übersteigen, könnten bis zum nächsten Sommer mehr als acht Boote gebaut werden. Die kommende Route mit den Etappenhäfen und Zeitplan soll im Dezember bekanntgegeben werden. Eine Verkürzung der Strecke und ein ausgewogeneres Pausenmanagement sind im Gespräch.

Doch das ist alles noch Zukunftsmusik. Jetzt beginnt zunächst die heiße Phase beim Kampf um die Podiumsplätze im Volvo Ocean Race 2011-12. Am Sonnabend (30. Juni) um 13 Uhr startet in Lorient ein Hafenrennen, bei dem der Sieger sechs Punkte verdienen kann, der Zweite fünf und so weiter. Tags darauf steigt um die gleiche Zeit die letzte Hochseeetappe an der Atlantikküste. Mit 550 Seemeilen ist sie für die Weltumsegler eher ein Sprint, allerdings genau wie bei den acht Teilstücken zuvor mit fünffacher Wertung. Die endgültigen Entscheidungen fallen dann in einem finalen Hafenrennen am 7. Juli in Galway.

Technische Daten der neuen Bootsklasse Volvo 65:
Rumpflänge: 20,40 Meter (67 Fuß)
Deckslänge: 19,80 Meter (65 Fuß)
Länge über alles: 21,95 Meter (72 Fuß)
Länge Bugspriet: 2,15 Meter
Breite: 5,60 Meter
Tiefgang: 4,70 Meter
Leergewicht: 10.750 Kilogramm
Masthöhe: 30,30 Meter
Großsegel: 151 Quadratmeter
Arbeitsrollfock: 135 Quadratmeter
Max. Segelfläche am Wind: 451 Quadratmeter (Groß und Masttopp Code 0)
Max. Segelfläche Vorwind: 550 Quadratmeter (Groß und A3 Spinnaker)
Schwenkkiel bis zu +/- 40 Grad
Geteiltes Wasserballastsystem (2x 800 Liter achtern, 1x 1000 Liter vorn)
Doppelte, umkehrbare, asymmetrische Seitenschwerter
Doppelruder mit einem Ersatzruder

www.volvooceanrace.com

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