Interview Sam Davies

Supergirl Sam Davies spricht über das härteste Rennen ihres Lebens

Die Britin Sam Davies hat nach etwas mehr als 95 Tagen die Vendée Globe beendet, in den Morgenstunden des Valentinstags steuerte sie ihre acht Jahr alte Roxy als dritte Yacht über die Linie vor Les Sables d’Olonne. Wo sie im Endklassement gereiht wird, steht allerdings noch nicht fest: Der Franzose Marc Guillemot, der seit 9. Februar ohne Kiel auskommen muss und sich hinter ihr mit doppelt gerefftem Groß und vollen Wasserballasttanks Richtung Ziel schleppt, bekommt nämlich eine Zeitgutschrift von 50 Stunden zugesprochen , da er während des Rennens dem schwer verletzten Yann Eliès zu Hilfe gekommen war.

Egal: Ob Dritte oder Vierte, Sam Davies ist in jedem Fall bester britischer Teilnehmer, zeigte eine fantastische Leistung und wusste zudem die Medien mit humorvollen Berichten und außergewöhnlichen Bildern von Bord perfekt zu bedienen.
Im Interview spricht die sympathische Soloseglerin über die vergangenen Monate auf See.

Nach 95 Tagen auf See ist die Vendée Globe jetzt für Sie zu Ende. Welche Gefühle bewegen Sie?
Ich freue mich erstmal darüber, angekommen zu sein. Es war ein tolles Rennen, es hat unheimlich Spaß gemacht. Aber es war auch sehr, sehr hart. Ein echter Abnutzungskrieg. Viele meiner Konkurrenten mussten ja aufgeben. Meiner Roxy ging es bis zum Schluss gut, aber ich bin mir sicher, dass auch sie jetzt müde ist. Aber insgesamt kann ich sagen: Es war ein fantastisches Rennen, und ich habe es wirklich genossen.

Roxy ist müde – wie geht es dann erst Ihnen?
Ich bin auch müde. Aber der menschliche Körper ist beeindruckend. Ich habe mich meinen Grenzen genähert, aber mein Körper hat weitergemacht, bis ich ihm sagte, dass Schluss ist.

Wie viel Schlaf war pro Tag drin?
Das war von den Bedingungen abhängig. Manchmal sehr wenig. Ich versuchte, über den Tag verteilt drei, vier, fünf Stunden zu schlafen. Nachts bringt Schlafen übrigens am meisten.

Was war Ihr schönstes Erlebnis?
Das Beste war das Segeln im Southern Ocean, dem Südpolarmeer. Dort ist es so wild! Und sich da unten ganz alleine zu beweisen, das ist der Hammer. Und natürlich Kap Hoorn. Für mich war es die erste Umrundung. Davon habe ich viele Jahre geträumt.

Welches Erlebnis hat Ihnen Angst gemacht?
Es klingt vielleicht komisch, aber ich habe nie Angst verspürt. Wenn ich jetzt darauf zurückblicke, was ich erlebt habe, wundere ich mich selbst, dass ich keine Angst hatte. Sorgen habe ich mir nur um meine Konkurrenten gemacht, die Schiffbruch erlitten.

Wie sind Sie mit der Einsamkeit fertig geworden?
Das Alleinsein habe ich sogar genossen. Ich habe mich nicht einsam gefühlt. Die Konkurrenz war ja nie weit entfernt. Wir konnten uns gegenseitig anrufen und unsere Gefühle teilen. Man macht ja das Gleiche durch. Mit dem Satelliten-Telefon konnte ich jederzeit meine Familie anrufen oder E-Mails schicken. Es gibt Menschen, die sind nicht gerne allein auf einem Boot – aber ich genieße das wirklich. Ich mache das ja auch schon seit acht Jahren.

Rund zwei Drittel der männlichen Teilnehmer sind ausgeschieden, beide Frauen noch im Rennen. Sind Frauen die smarteren Segler?
Das würde ich nicht sagen. Fast alle mussten ja wegen technischer Probleme aufgeben. Einige der neuen Boote waren vielleicht zu leicht und zerbrechlich konstruiert. Ich hatte keine großen Probleme und konnte alles selber reparieren. Das ist der Vorteil, wenn man ein älteres, erprobtes Boot segelt. Roxy ist sehr zuverlässig. Und ich habe mich sehr gut vorbereitet, bin viel gesegelt und habe im Training auch viel kaputt gemacht. Der Nachteil eines älteren Bootes ist aber, dass es einfach langsamer ist. Es war manchmal schon frustrierend, nicht so schnell fahren zu können wie die Führenden.

Gibt es etwas, worauf Sie sich besonders freuen?
Ja, mein Badezimmer! Eine heiße Dusche! So etwas gibt es an Bord nicht. Darauf bei diesen Rennen zu verzichten, fällt uns Mädchen besonders schwer.

Weitere Artikel aus diesem Ressort

Ressort Vendée Globe
PDF-Download

Da müsste Musik sein

Vendée Globe: Die Erstplatzierten mögen den Ruhm einstreifen, Respekt und Ehre gebühren jedem Teilnehmer

Ressort Vendée Globe

Im Zielsprint entmastet

Vendée Globe: Conrad Colman büßt 300 Seemeilen vor Portugal sein Rigg ein

Ressort Vendée Globe

Angst vor dem Fliegen

Vendée Globe: Der österreichische Yachtdesigner Harry Miesbauer erklärt Details und Tücken der neuen ...

Ressort Vendée Globe

Schlag auf Schlag

Vendée Globe: Aus für Thomas Ruyant, dessen Yacht nach einer Kollision mit einem UFO schwer beschädigt ist

Ressort Vendée Globe

Wieder Ausfall bei der Vendée

Stephane Le Diraison verlor den Mast und versucht nun sich per Notrigg in Sicherheit zu bringen

Ressort Vendée Globe

Kito de Pavant in Sicherheit

Der Solosegler wurde abgeborgen – seine havarierte Yacht musste er aufgeben