Abseits des Stroms

Die Inselgruppe der Elaphiten, in unmittelbarer Nähe von Dubrovnik gelegen, bietet kaum nautische Infrastruktur, dafür bezaubernde Vegetation und himmlische Ruhe

Abseits des Stroms

Kaffee und Kuchen in Korčula. In den Lokalen auf der Festungsmauer gibt es attraktive Gelegenheiten dafür. Die Cafés und Bars sind auf jeden Geschmack eingestellt. Neben der klassischen Cappuccino-Croissant-Palette serviert man auch Smoothies und Fruchttörtchen, hausgemachte Säfte und schicke Müslis. Alles garniert mit Blick aufs Meer. Da bleibt der Gast im Schatten der Pinien gern eine Zeit lang sitzen und beobachtet das Treiben auf dem Wasser. Während eines solchen Frühstücks kann man mehr Schiffe vorüber gondeln sehen als in den Elaphiten in einer Woche.

Die Elaphiten sind der südöstliche Fortsatz der berühmten Sehnsuchtsdestinationen vor der kroatischen Küste, zu denen es Jahr für Jahr an die vier Millionen Besucher zieht. In die Elaphiten zieht es erstaunlich wenige. Alleine wegen des schwachen Verkehrs ist dieser Mini-Archipelagus eine besonders beachtenswerte Provinz des kroatischen Inselreichs.

Begründet ist das mit der abgeschiedenen Lage und einer vergleichsweise bescheidenen Infrastruktur für den Tourismus. Auch für den Bootstourismus. Bescheiden im Vergleich zu dem, was nördlich der Elaphiten geboten wird. In den Buchten und Häfen Mitteldalmatiens – von Šolta, Brač, Hvar, Korčula – stecken die Yachten dicht an dicht, an die Bojen der eigens angelegten Felder werden sie gelegentlich paarweise verordnet. Die Marinas und Häfen begehren phantastische Gagen für geringste bis gar keine Dienstleistungen. Auch rund Mljet ist noch eine Menge los. Von dort Richtung Osten und Süden herrscht aber radikale Verkehrsverdünnung. In den Elaphiten gibt es keine Marina und keine bewirtschafteten Bojen. Die nächstgelegene Charterbasis ist Dubrovnik, wo nicht gerade die stärksten Flotten der Bootsverleih-Industrie stationiert sind. Die Elaphiten liegen also abseits des Stroms, obwohl direkt vor den Stadtmauern des wehrhaften, stolzen, geschichtsträchtigen Ragusa. Auch eine Perle der Adria.

Aus den Speichern des ehemaligen Ragusa, heute Dubrovnik, strömen Schiffe verschiedenster Arten jeden Tag des touristisch brauchbaren Jahres auf das Meer. Fähren, Ausflugsboote, Kreuzfahrtschiffe, Partykatamarane, Expeditionsboote, Megayachten, Speedboote, Funboote, Piratenboote. Sie streben zu der eng vorgelagerten Insel Lokrum, um Badegäste abzuladen oder Besichtigungstrupps auf die botanischen Sehenswürdigkeiten loszulassen. Sie fahren im Konvoi in den Kanal von Mljet, um dann Korčula, Hvar und andere große Adressen Dalmatiens zu erreichen. Nur wenige verdrücken sich in die Elaphiten – 13 Inseln, lediglich drei davon besiedelt, manche nicht mehr als dicht bewachsener Fels, ohne Wasserversorgung, ohne Bucht und ohne Strand.

Koločep, Lopud und Šipan sind die drei elaphitischen Inseln mit ganzjähriger Menschenpräsenz. Früher lebten die Bewohner von bescheidener Landwirtschaft in einem besonders günstigen Klima sowie der Weberei. Heute leben sie überwiegend von Besuchern. Da und dort macht sich ein Hotel breit, Kanu-Flotillen fallen in die Buchten ein, Fähren landen Tagesgäste an, die Vermietung von Zimmern floriert.

Das Angebot der Vermieter wendet sich an Menschen mit gehobenem Interesse an selbstbestimmter Lebensart. Wichtig dafür: Nichts tun müssen. In den hinteren Gassen der Orte sind reichlich Zeichen für mietbare Zimmer und Appartements an Steinmauern angebracht, hinter denen sich Häuser mit sauber gestrichenen Fensterläden, Höfe mit Feigenbäumen, Oleander, Bougainvillea, Schatten und Komfort befinden. Und nicht mehr als ein paar Gäste, die gern Distanz zum Trubel halten und damit den Bootsreisenden recht ähnlich sind.

Fest für alle Sinne

Nördlich der Šipanska Luka sind die Elaphiten unbewohntes Territorium. Die wilde Vegetation aus Kiefern, Zypressen, Lorbeerbäumen, Eichen und bodendeckender Macchia liegt wie eine grüne Decke auf den Bergflanken bis zu einem schmalen Saum weißer Felsen am Meer und verströmt einen würzigen Duft nach Harz und Ölen, reintöniger, als der beste Parfumeur ihn destillieren könnte. Das rastlose Gezirpe der Zikaden („kupfern“ nennt es García Márques in einem seiner Bücher) erfüllt die Luft vom Sonnenaufgang bis in die Nacht und an den Tagesrändern lassen Zwergohreulen klagend ihren Ruf ertönen. Buchtenreich, mit Felsen und kleinen Inseln zusätzlich gegliedert, erstreckt sich hier ein Binnenmeer mit glattem Wasser und zahlreichen Verstecken. Wäre da noch ein bunter Fischreichtum, man könnte die Elaphiten auf eine Stufe mit den attraktivsten Naturschönheiten in tropischen Destinationen stellen.

Neben der wilden Natur spielt im Fahrtgebiet der Elaphiten auch die kunstvoll gestaltete eine prominente Rolle. Lokrum – die der Altstadt von Dubrovnik vorgelagerte Insel (sie zählt geographisch nicht zu den Elaphiten, wird hier aber wegen der leichten Erreichbarkeit eingemeindet) – ist als „Botanisches Reservat“ deklariert. Die Botanik unterscheidet sich von jener der anderen Inseln in der Region nicht merklich. Eine spezielle Pflanzenwelt ist jedoch in einem Park zu besichtigen, der zur Erforschung der Anpassungskräfte diverser Gewächse an das Klima Süddalmatiens angelegt wurde. Recht ungünstig wirkten in der jüngeren Vergangenheit Dürre und andere Katastrophen auf das Projekt, sodass die Anlage aktuell marod ausschaut. Man arbeitet an einer Revitalisierung. Wie lang diese dauern wird, ist nicht abzusehen, weil eine Frage der Finanzierung. Finanzierungsfragen bleiben in Kroatien gern ausdauernd in der Schwebe.

Den gesamten Revierbericht lesen Sie in der Yachtrevue 4/2020, am Kiosk ab 3. April!

Weitere Artikel aus diesem Ressort

Ressort Revierberichte
Ruhezone. Sogar auf den viel besuchten Gesellschaftsinseln gibt es idyllische Ankerplätze, wie hier vor dem Botanischen Garten in Tahiti

Ungestillte Sehnsucht

Südsee. Seit mehr als 30 Jahren sind die Seenomaden auf allen Ozeanen unterwegs. Das Segeln hat für sie ...

Ressort Revierberichte
Malerisch. Die Inseln im Ionischen Meer bieten eine Vielzahl an idylischen und auch geschützen Ankerplätzen, wie hier die Bucht Mesovrika vor Antipaxos

Auf den Spuren des Odysseus

Griechenland. Manfred Ruthner machte sich per Katamaran auf den Weg, um von Korfu aus die Inselwelt im ...

Ressort Revierberichte

Auszeit unter Palmen

Abenteuer. Das österreichische Paar Petra Gwiß und Jürgen Schmidt segelte 2024 gemeinsam mit Tochter ...

Ressort Revierberichte
PDF-Download
Stille Tage. In Vónitsa hat man sich dem Yachtsport schon zugewandt und eine Mole gebaut, die Zeit verläuft aber immer noch gemächlich

Abseits der Routen

Griechenland. Es gibt Abschnitte im Ionischen Meer, die kaum einer kennt und wo kaum jemand hinfährt. Dazu ...

Ressort Revierberichte
PDF-Download
Phang-Nga Nationalpark. Über die Fläche von etwa 400 km² erstreckt sich eine einzigartige Landschaft aus imposanten Kalksteinfelsen, Höhlen und smaragdgrünem Meer

Exotische Küste(n)

Andamanensee. Phuket ist in jeder Hinsicht ein idealer Ausgangspunkt für einen Segeltörn entlang der ...

Ressort Revierberichte
PDF-Download
Abgelegt. Gleich nach der Marina Wolfsbruch geht es auf dem Hütten­kanal in die Tiefen der Natur. Rechts rum sind es nur ein paar hundert Meter bis zur ersten Schleuse. Links geht es zum prachtvollen Schloss Rheinsberg

Über den Fluss und in die Wälder

Hausboot. Die Mecklenburgische Seenplatte bietet die Gelegenheit zu einer großen Seefahrt abseits des ...