Wolfgang Mayrhofer

Wolfgang Mayrhofer

Artikel des Autors

Ressort Kreuzpeilung
Ich bin ein Saubartl. Nicht generell, auch wenn die beste aller Ehefrauen sowie die Töchter vereinzelt etwas anderes kolportieren. Auf Boote aber trifft das zu. Funktionieren muss alles, da bin ich unerbittlich. Ich hasse es, wenn beim Segeln die eine Hälfte nicht und die andere Hälfte nur andeutungsweise funzt, Beschläge locker oder unbrauchbar, Belegleinen und Schoten grindig sind. Aber blank polierte und glänzende Schüsseln brauche ich definitiv nicht. Neben einer möglicherweise genetisch-evolutorischen Grunddisposition als auf die Jagd gehender Höhlenbewohner geht das retrospektiv wohl auf ein Buch von Paul Elvström, seines Zeichens legendärer dänischer Einhandsegler und vierfacher Goldmedaillengewinner zwischen 1948 und 1960, zurück, das ich in meiner Kindheit mehrfach verschlungen habe. Was mir bis heute in lebendiger Erinnerung ist und mich geprägt hat, ist Elvströms Einstellung zu seinem Boot in dessen „wilden Jahren“ – überhaupt nicht romantisch, sondern streng funktional. Eine Story für viele: Er erzählt, wie ein Deckel bei seinem Finn klemmt und er deshalb einen dringend nötigen Eingriff im Inneren des Bootes nicht durchführen kann. Ohne zu zögern verschafft er sich per gezieltem Fußtritt Zugang und nimmt ein großes Loch – später notdürftig geflickt – in Kauf. Wow! Das fast ehrfürchtige Verhältnis, das ich als Kind zu meinen Booten hatte, war nach dieser Lektion nachhaltig erschüttert. Heute bin ich geläutert. Oder verwässert, je nach Sichtweise. Noch immer habe ich, zum Leidwesen meiner Clubkolleginnen und -kollegen und der meisten meiner Familienangehörigen, ein sehr weites Verständnis von einem sauberen Boot. Aber ich schließe offensichtlich langsam an das normalübliche Niveau an. Der unlängst durchgeführte Frühjahrsputz bei meiner Sprinto und der, Gott hab ihn selig, väterlichen Manta löste nicht nur Kreuz- und Armschmerzen aus; beim Anblick der blitzblanken Boote überkamen mich beinahe Glücksgefühle. Tempora mutantur …









 

Blitzblank

Ressort Kreuzpeilung
Die meisten Menschen haben vom Segeln keine Ahnung. Das ist zwar irgendwie schade, letztlich aber völlig unproblematisch. Außer es zeigt sich jemand plötzlich interessiert. Eine Arbeitskollegin, mit der man über Freizeitaktivitäten plaudert, ein Gast, den man unvorsichtigerweise auf sein Boot gebeten hat, die eigene Tochter, die das einst Selbstverständliche zu hinterfragen beginnt. Dann kommt mit schöner Regelmäßigkeit die unschuldig daherkommende, aber hundsgemeine Frage: Warum fährt dieses Ding eigentlich? Und fast immer ist damit gemeint: Wie kann es sein, dass wir uns gegen den Wind vorwärts bewegen? Falls sich die werte Leserschaft an dieser Stelle über scheinbar erschreckende Wissenslücken beim Kolumnisten wundert: Ja, ja, alles klar, aero- und hydrodynamische Grundzusammenhänge, Segel als Flugzeugflügel, Unterdruck auf der Leeseite, Vortrieb als wesentliches Element im Kräfteparallelogramm, blablabla. Aber genau hier liegt das Problem. Wer so anfängt, hat bereits verloren. Wenige Ausnahmen bestätigten die Regel. Diese Ausnahmen sind technikaffine Menschen, denen die Flugzeug-Analogie beim Verständnis der Arbeitsweise des Segels hilft, die mit Vektoren umgehen können und wenig Schwierigkeiten haben, die Funktion von Schwert oder Kiel im Hinblick auf Vortrieb an der Kreuz zu verstehen. Die Regel sind Menschen, die einen treuherzigen Blick aufsetzen und je nach Temperament Sachen sagen wie „Aha“, „no geh“, „sicher net“, „gibt’s net“ oder „a Wahnsinn“. Oder einfach schweigen. Ich habe Verschiedenes probiert. Zündhölzer aufgelegt um die Kräfte deutlich zu machen. Meine Finger in unmögliche Stellungen gebracht um das komplexe Zusammenspiel zu veranschaulichen. Serpentinen am Berghang als Bild benutzt. Dennoch bin ich meist gescheitert. Deshalb meine ernst gemeinte Frage: Wie machen Sie das? Wie erklären Sie das Kreuzen? Helfen Sie mir, helfen Sie der gesamten Seglergemeinde und verraten Sie uns Ihre höchstpersönliche Vorgehensweise zur Kurzunterweisung. Wie und wo? Ganz einfach auf http://www.yachtrevue.at/kreuzpeilung online kommentieren. Danke!









 

Stunde der Wahrheit

Ressort Kreuzpeilung
Englisch hat sich mehr oder weniger flächendeckend als Arbeitssprache international tätiger Unternehmen etabliert. In der Managementlehre gibt es dazu seit einiger Zeit eine recht heftige Diskussion über die Auswirkungen einer solchen „lingua franca“, die bisweilen zu eigenartigen Konstellationen führt. Ich erinnere mich da an ein interkulturelles Vorbereitungstraining für ein international agierendes österreichisches Unternehmen. Ich sollte einer Gruppe von Technikern, die in naher Zukunft in China ein Montagewerk gemeinsam hochzuziehen hatten, die Kunst der Kommunikationen näher bringen. Steirische Urgesteine aus der Mür-Murz-Furche und chinesische Vifzacke aus Chongqing auf Englisch zu einem differenzierten Dialog über Dynamik und Fallstricke in Gruppenprozessen zu bringen, ist, gelinde gesagt, nicht ganz einfach. Forschungsergebnisse zu diesem Bereich zeigen einige Besonderheiten dieser Form der Kommunikation. Dazu gehören das Verwechseln von sprachlicher Kompetenz mit Intelligenz und Fachkompetenz, Schwierigkeiten mit Personen, die auf Grund ihrer guten Fremdsprachenkenntnisse von Muttersprachlern als fähiger wahrgenommen werden, als sie es eigentlich sind, mangelnde Differenziertheit beim Ausdrücken komplizierter Sachverhalte oder Beschränkungen bei der Verwendung von Metaphern, Ironie und Spaß. Beim olympischen Segeln ist es nicht anders. Es hat seine ganz speziellen Tücken, wenn ein Kroate, ein Franzose, eine Italienerin, ein US-Amerikaner und ein Burgenländer auf Englisch über fachliche (geht noch so halbwegs) und außerfachliche (nicht mehr ganz so einfach) Sachverhalte diskutieren. Kommen Müdigkeit, Frust oder Wind- und Wellengeräusche dazu, wird das im besten Fall ein interessanter, vereinzelt auch ein brisanter Cocktail. Eine hypothetische Konstruktion? Nein. Alltag. Nicht nur, aber auch im österreichischen Segel-Nationalteam. Der Bundes-Sportförderungsfonds hat darauf reagiert. Unter dem Titel „Kommunikation in multi-kulturellen Teams“ hat er für 2015 finanzielle Mittel – wenig, aber immerhin – für ein Projekt genehmigt, das sich dieser Problematik widmet. Ich halte Sie auf dem Laufenden …









 

Getrennt durch gemeinsame Sprache

Ressort Kreuzpeilung
Das Collegium Vocale Gent unter Philippe Herreweghe gibt eine Weihnachtskantate von Johann Sebastian Bach, die Teetasse dampft, die Vanillekipferln auf dem Teller sind schön drapiert – ein gemütlicher Adventabend bahnt sich an. Plötzlich Kettenklirren auf der Terrasse. Ein Krampus? Ich reibe mir ungläubig die Augen – das Weihnachtsengerl in seltsamem Outfit. Es ist mit Eisenketten unterschiedlicher Stärke beladen, über den Schultern hängen schwere Trümmer, die sich bei näherem Hinsehen als Anker entpuppen. Mühsam schleppt sich das Engerl weiter und legt die Anker vor der Türe ab. Sichtlich erleichtert betritt es das Haus. Ich lasse den Gefiederte ein wenig verschnaufen, dann stelle ich die sich aufdrängende Frage: „Was bitte soll dieser Aufzug?“ Das Engerl antwortet umgehend: „Auftrag von ganz oben, unterstützt vom Hl. Nikolaus, dem Patron der Seefahrer und Binnenschiffer. Der Oberboss hatte dieses Jahr wieder alle Hände voll zu tun mit den Freizeitskippern in ihren Ankerbuchten. Nimm alleine die erste Septemberwoche in der Adria: Hundewetter, Gewitter, 30 Knoten plus. Weißt du, wie viele Schiffe und Besatzungen ihre Sicherheit dem da verdanken“ – theatralisch deutet der Himmelsbote auf die Anker und Ketten – „und auch uns Himmlischen, die wir slippende Anker wieder vergraben, und beim Ankerwinschen geholfen haben?“ Mein gefiederter Freund schaut mich fast zornig an. „Und was tut ihr? Konzentration auf allerlei verdächtiges Gebräu an Bord, aber stoische Gelassenheit was die zum Teil deutlich unterdimensionierten oder für das Gewässer schlecht geeigneten Anker betrifft! Müssen wir immer aushelfen?“ Ich lasse meinen Blick schweifen über die imposante Sammlung von Danforth, Pflugschar, Bruce, Jambo & Co. „Ja, ich weiß, ich spreche zu den Bekehrten“, sagt das Engerl. „Aber es ist ein Jammer, wenn man sich den richtigen Anker eigentlich selbst mitbringen muss.“ Sprach’s, machte – nicht ohne den obligaten Segenswunsch für die Handbreit Wasser unter dem Kiel zu übermitteln – kehrt und war wieder verschwunden. Aber was lag da? Tatsächlich, ein 30kg-Jambo. Ein Zeichen des Himmels?









 

Anker

Ressort Kreuzpeilung
Ich bin definitiv old school. Was ich ohnehin geahnt hatte, ist mir seit meinem Besuch bei der ISAF-Weltmeisterschaft in Santander endgültig klar. Der Segelsport hat sich weiterentwickelt, ist in einer neuen Zeit angekommen. Er speit Fossile wie mich langsam, aber unwiderruflich aus. Beispiele gefällig? Erstens: In früheren Zeiten war, um es euphemistisch zu formulieren, Diversität im Outfit der Standard. Im Klartext: Jeder – jede gab es kaum – zog an, was ihm zu Gesicht stand (oder auch nicht). Heute ist Branding das Gebot der Stunde. Jede halbwegs ernstzunehmende Nation hat entsprechende Accessoires und Kleidungsrichtlinien, die sich mehr oder weniger deutlich im Auftritt der Teammitglieder widerspiegeln. Denn: Sponsoren wollen entsprechend gewürdigt werden, die Presse lauert tendenziell überall. Zwar gibt es ein gewisses Maß an Individualität. Aus dem gemeinsamen Kleidungspool entstehen durch individuelle Kombination neue Erscheinungsformen. Auch existieren ein paar Outlaws, die entweder auf eigene Rechnung dort sind oder auf die Regeln pfeifen. Aber insgesamt braucht man selten raten, woher jemand kommt; das Outfit signalisiert es überdeutlich. Manchmal ist das ein Glück – im Gewusel findet man seine Teammitglieder deutlich leichter, wenn man weiß, wonach man sucht. Zweitens: Individuelle Betreuung am Wasser steht heutzutage hoch im Kurs. Ein Motorboot für alle Klassen? Heute ist es wenigstens eines pro Klasse, meist sogar mehr. Kein Wunder angesichts heißer Kisten wie 49er, 49erFX oder Nacra. Die Skiffs benötigen in den Pausen zwischen den Wettfahrten ein Schlauchboot, um ihre Wings drauflegen zu können. So ist die Besatzung halbwegs stabil am Wasser und kann ein wenig Pause machen. Und für alle braucht es ein erhöhtes Maß an Sicherheit, da die Gefahr eines Überschlags bei viel Wind immer gegeben ist. Die Moral von der Geschicht? Tempora mutantur, die Zeiten ändern sich. Nos et mutamur in illis, heißt es weiter, und wir ändern uns mit ihnen. Ob das auch für mich gilt? Ich zögere noch …









 

Old School

Ressort Kreuzpeilung
Viviana ist Ende 40, alleinerziehend, rund 10.000 km von ihrer Heimat entfernt und lebt von zwei Jobs. Klingt nicht gerade nach einer Erfolgsstory, oder? Aber die große Liebe macht es zu einer. Nein, nicht die Liebe zu einem Mann, die Liebe zum Meer. Aufgewachsen in Argentinien, macht sich Vivi bald als Regattaseglerin einen Namen, gewinnt unter anderem 1986 im Laser die brasilianische Meisterschaft. Folgerichtig wirft der brasilianische Segelverband ein Auge auf sie, der argentinischen folgt die brasilianische Staatsbürgerschaft und eine Olympiakampagne. Dort verliert Vivi die interne Ausscheidung und sagt daraufhin dem Regattasport, nicht aber dem Segeln Ade. Über eine Reihe von Umwegen landet Viviana in Palma de Mallorca und ist heute, ausgestattet mit allen möglichen Zertifikaten, eine der wenigen Frauen im Heer der auf der Insel arbeitenden Skipper. Daneben hat sie sich mit einer auf Planen spezialisierten Näherei ein zweites, körperlich weniger anstrengendes und örtlich stabileres Standbein aufgebaut. Kennengelernt habe ich Vivi als Skipperin bei einem unserer Outdoor-Seminare. Sie beeindruckt ihr Gegenüber unmittelbar, nicht nur durch ihre offene, positive Art, die mit einem Schuss Melancholie versetzt und mit etwas Selbstironie garniert ist, sondern vor allem durch ihre spürbare Liebe zur Segelei, die weit über das Materielle hinausreicht. Erzählt sie von ihrer Zeit im Laser, wo sie aus Geldmangel nicht einmal ordentliche Segelschuhe und permanente Druckstellen am Fußrist hatte, dann fühlt man auch nach mehr als drei Jahrzehnten das Feuer brennen. Berichtet sie lebhaft und mit einer gesunden Mischung aus Engagement und Distanz über die auf Grund eines Materialproblems verlorene Olympia-Quali, dann leidet man mit und möchte das Rad der Zeit zurückdrehen. Die Geschichten über ihre Erfahrungen als Skipperin, ja sogar über das Leben auf Motorbooten als „hired hand“ reißen mit. Sie machen deutlich: Hier handelt es sich um eine Herzensangelegenheit. Die große Liebe zum Meer als Liebe des Lebens – kein schlechter Zugang.









 

Herzensangelegenheit

Ressort Kreuzpeilung
South Beach Yacht Club, nahe Pier 40 in San Francisco. Inmitten der allgegenwärtigen Touristen liegen Segel zum Trocknen auf. Ein paar müde Segler inspizieren die Oberfläche von Groß, Fock und Gennaker und markieren kleine Schäden. Routine nach einem normalen Segeltag? Nicht ganz. Die dazugehörigen Yachten haben gerade Wettfahrt zehn der aktuellen Auflage des Clipper Round The World Race beendet. Sie haben von dieser Regatta noch nichts gehört? Das Konzept ist faszinierend und liegt seit 1996 in den Händen der britischen Hochseelegende Sir Robin Knox-Johnston. Start und Ziel in London, in acht Etappen und 16 Wettfahrten einmal rund um die Welt: Brasilien, Südafrika, Australien, Singapur, China, Westküste USA, durch den Panamakanal und über Jamaika zur Ostküste der USA und schließlich zurück nach Europa. So weit, so relativ normal. Was die Regatta besonders macht: Stabile, aber trotzdem anspruchsvolle Boote – in der diesjährigen Auflage brandneue 70-Füßer – werden von einem Profi geskippert, der Rest der Crew sind Amateure. Aber trainierte Amateure. Manche mit, manche ohne Segelerfahrung, zwischen 18 und 73 Jahre alt, von der Krankenschwester bis zum Geologen. Mehrere Vorbereitungskurse machen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer technisch, physisch und psychisch fit für die Regatta. Einige wenige machen die gesamte Strecke. Viele nehmen „nur“ an einzelnen Etappen teil. Die Erfahrungsberichte zeigen: Gewinnen ist zweitrangig. Für die allermeisten zählt das Erleben der Elemente, das Absolvieren der Route, der persönliche Sieg. „Ich bin noch nie vorher gesegelt – ich möchte mich weit außerhalb meiner Komfortzone bewegen“, meint die Engländerin Helen, 29, die in der Verlagsbranche arbeitet. „Ich freue mich auf den Adrenalinstoß beim Abwettern der Stürme“, sagt Kees, ein belgischer Student und mit 22 einer der Jüngsten. Abgeklärter hingegen Ralf, der 70-jährige Restaurantbesitzer aus den USA: „Für mich ist es ein weiteres Puzzlesteinchen um ein erfahrener und gut ausgebildeter Segler zu werden.“ Dem ist wenig hinzuzufügen – ein breites Spektrum.









 

Clipper Race

Ressort Kreuzpeilung
Draußen ist es klirrend kalt, drinnen duften Schoko-Lebkuchen und, neumodisches Zeug hin oder her, würziger Chai. Die vorweihnachtliche Stimmung könnte nicht besser sein. Aber halt: Höre ich nicht ein rhythmisches Kli-kli-kling, Ra-ra-raschel, Kli-kli-kling? Ich öffne die Türe um Nachschau zu halten. Tatsächlich: Da schreitet das Weihnachtsengerl mit seltsam anmutenden Bewegungen über unsere Terrasse. Die charakteristische Stupsnase knapp über den Boden haltend, murmelt es mit leiser Stimme: „Kli-kli-kling, Ra-ra-raschel, Kli-kli-kling.“ 3x kurz, 3x lang, 3x kurz – soll das etwa SOS bedeuten? Eine Weile betrachte ich stumm dieses Schauspiel. Dann nehme ich mir ein Herz: „Engerl, was treibst du da eigentlich?“ Der Himmlische hält inne und antwortet mit trauriger Stimme: „Bist du der Einzige im ganzen Land, der nicht um den Ernst der Lage weiß?“ Ich werde verlegen und schaue dabei so offensichtlich verwirrt drein, dass das Engerl näher ausführt: „Die segelnde Jugend dieses Landes leidet. Die Bereitschaft zu harter Arbeit ist da, aber nicht das Geld für eine langfristige und professionelle Betreuung. Viele sind guten Willens, aber es braucht den großen Wurf, um hier deutlich was zum Besseren zu wenden. Alle gemeinsam müssen das zu einem Schwerpunkt machen – Clubs, Klassen, Landessegelverbände sowieso, aber auch Mäzene und Förderer, denen der Nachwuchs ein Anliegen ist.“ – „Dein Wort im Gehörgang deines Chefs, Engerl, aber wie soll das geschehen?“ – „Indem sie es so machen wie ich: Ganz bodennah alles aufsammeln, was wertvoll ist, und sich ständig daran erinnern, wie wichtig Münze und Schein, das kleine und das große Geld sind.“ Sprach’s und war auch schon wieder hoch oben in den Lüften, nicht ohne mir allerdings die obligaten Wünsche für den Handbreit Wasser unter dem Kiel für die p.t. Leserschaft aufzutragen. Nachdenklich kehre ich in die Wärme zurück. Ob das was wird? Bodennah aufsammeln? Auch wenn es riskant ist, den Himmlischen zu misstrauen – aber bräuchte es nicht den großen Wurf? Und wenn ja: Wie müsste der aussehen?









 

SOS

Ressort Kreuzpeilung
Nicht das den brennenden Durst löschende, erfrischende Wasser in sommerlicher Hitze. Auch nicht das mal bedrohliche, mal ersehnte Regenwasser. Sondern: Wasser für Boote. Stunden habe ich an der Mehrzahl der sieben Weltmeere und zahllosen Seen und Flüssen im In- und Ausland damit verbracht, dem Wasser – und seinen Booten – zuzuschauen. Es zu meditieren, zu ertasten, zu erschmecken. Das Farbenspiel: unglaublich. Vom gedeckten Braun-Grau des Neusiedler Sees über die strahlenden türkisfarbenen Schattierungen in den Buchten von Big Island auf Hawaii, das stählerne Grau-Blau im kolumbianischen Santa Marta bis hin zum satten Marineblau im australischen Cairns. Wasser ist vielfarbig. Die Formensprache: gewaltig. Archaische Wasserberge bei 40 Knoten Jugo querab vom adriatischen Kornat kontrastieren mit der trotz langer Reise sanft heranrollenden Dünung vor Point Loma im kalifornischen San Diego. Die an einen leicht verworfenen Spiegel gemahnende Oberfläche des Sambesi-Flusses in der afrikanischen Abendsonne kurz vor den Victoria-Fällen ist ähnlich und doch ganz anders als die perfekt-glasige Haut eines Prachtbeispiels aus dem 1000-Seen-Land in der Nähe von Helsinki. Wasser ist vielgestaltig. Der Geschmack: nuanciert. Es braucht wohl einen Gourmet und Önologen, um die Varianten entsprechend zu erfassen. Hier das rau-erdige und salzige Nass vor Quepos in Costa Rica, da das frisch-leichte Süßwasser des Wolfgangsees. Holzig-fettig am Bosporus, hart und dicht am Solent, weich und mit Körper am kanadischen Lake Ontario. Wasser ist vielschmeckend. Die Haptik: variantenreich. Sanft streichelnd am Ottensteiner Stausee, kratzbürstig und zerrend vor Carantec in der Bretagne, stimulierend und samtig der See Genesareth im Norden Israels. Wasser ist vielfühlig. Die Moral von der Geschicht? Vielleicht keine. Vielleicht aber: Wasser als Basis für unseren Sport geht in seiner Vielschichtigkeit oft unter, weil wir alle Hände voll zu tun haben‚ um obenauf zu bleiben. Es ist nicht gerade heilig, aber verdient ob seiner Vielfalt unsere Ehrfurcht.









 

Wasser

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