Stunde der Wahrheit

Die meisten Menschen haben vom Segeln keine Ahnung. Das ist zwar irgendwie schade, letztlich aber völlig unproblematisch. Außer es zeigt sich jemand plötzlich interessiert. Eine Arbeitskollegin, mit der man über Freizeitaktivitäten plaudert, ein Gast, den man unvorsichtigerweise auf sein Boot gebeten hat, die eigene Tochter, die das einst Selbstverständliche zu hinterfragen beginnt. Dann kommt mit schöner Regelmäßigkeit die unschuldig daherkommende, aber hundsgemeine Frage: Warum fährt dieses Ding eigentlich? Und fast immer ist damit gemeint: Wie kann es sein, dass wir uns gegen den Wind vorwärts bewegen?
Falls sich die werte Leserschaft an dieser Stelle über scheinbar erschreckende Wissenslücken beim Kolumnisten wundert: Ja, ja, alles klar, aero- und hydrodynamische Grundzusammenhänge, Segel als Flugzeugflügel, Unterdruck auf der Leeseite, Vortrieb als wesentliches Element im Kräfteparallelogramm, blablabla. Aber genau hier liegt das Problem. Wer so anfängt, hat bereits verloren. Wenige Ausnahmen bestätigten die Regel. Diese Ausnahmen sind technikaffine Menschen, denen die Flugzeug-Analogie beim Verständnis der Arbeitsweise des Segels hilft, die mit Vektoren umgehen können und wenig Schwierigkeiten haben, die Funktion von Schwert oder Kiel im Hinblick auf Vortrieb an der Kreuz zu verstehen. Die Regel sind Menschen, die einen treuherzigen Blick aufsetzen und je nach Temperament Sachen sagen wie „Aha“, „no geh“, „sicher net“, „gibt’s net“ oder „a Wahnsinn“. Oder einfach schweigen.
Ich habe Verschiedenes probiert. Zündhölzer aufgelegt um die Kräfte deutlich zu machen. Meine Finger in unmögliche Stellungen gebracht um das komplexe Zusammenspiel zu veranschaulichen. Serpentinen am Berghang als Bild benutzt. Dennoch bin ich meist gescheitert. Deshalb meine ernst gemeinte Frage: Wie machen Sie das? Wie erklären Sie das Kreuzen? Helfen Sie mir, helfen Sie der gesamten Seglergemeinde und verraten Sie uns Ihre höchstpersönliche Vorgehensweise zur Kurzunterweisung. Wie und wo? Ganz einfach auf http://www.yachtrevue.at/kreuzpeilung online kommentieren. Danke!

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Am 19. August 2024 sank die 184 Fuß/56 m lange und von der Herstellerwerft Perini Navi als „unsinkbar“ bezeichnete Superyacht Bayesian vor Porticello (Sizilien) in nur 16 Minuten. Ursache war eine extrem starke Fallböe mit Windgeschwindigkeiten bis 130 km/h. Die Krängung über 70° hinaus – wesentlich erleichtert durch den extrem hohen Mast und einen vor Anker hochgeholten Kiel – war fatal: das Schiff kenterte in weniger als 15 Sekunden. An Bord waren 22 Personen, darunter der britische Tech-Milliardär Mike Lynch, seine Tochter Hannah und mehrere Bekannte. Sieben Menschen starben, 15 überlebten. Gegen den Kapitän und zwei Crewmitglieder wird derzeit wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Die zehn Monate später gestartete Bergung wurde durch den Tod eines Tauchers verzögert. Am 22. Juni dieses Jahres konnte das gesunkene Boot schließlich ohne den schon vorher vom Rumpf getrennten Mast und Großbaum vom Meeresgrund an die Oberfläche gebracht werden und steht nun für weitere Untersuchung zur Verfügung.









 

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Rute im Fenster

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Dritte Halbzeit

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