Viel Lärm um alles

Wir haben erstmals richtigen Testbetrieb, von der Früh bis zum Abend Daten gesammelt und daran gearbeitet unsere Segel zu verstehen. Bisher waren es kurze Tests, die durch Materialbruch beendet wurden, jetzt ist es kontinuierlich sammeln und aufzeichnen. Zwei Bildschirme vor mir, auf einem läuft die Testsoftware, wir verwenden Optima, Dragonfly und Deckman, am anderen Excel.
Besonders interessant sind die Bereiche, in denen Segelwechsel notwendig sind. Die Daten die wir bisher verwenden, kommen von Computersimulationen. Jetzt müssen wir verstehen, ob diese Simulationen richtig waren oder sich eventuell in der Windgeschwindigkeit oder im Windwinkel verschieben. Innerhalb von ein paar Prozent ist das ok, wären wir weiter davon entfernt, müssen wir das Konzept des entsprechenden Segels verändern (Grösse, Tuchgewicht, Profil, Einsatzbereich).
Die Grenze zwischen zwei Segeln bedeutet, dass theoretisch beide gleich gut sind, auch das will getestet sein. Und wir brauchen Daten für den Fall, dass wir an einer Grenze segeln und eine Windänderung erwarten um eine Strategie zu finden, ob und wann ein Segelwechsel optimal ist. Jeder Segelwechsel bedeutet verlorene Zeit erstmals, die später mit der besseren Leistung des neuen Segels wiedergutgemacht werden muss. Und Berechnen ist besser als vermuten, nur wenn berechnen, dann muss es genau sein, denn etwas Falsches sehr genau berechnen hilft auch nicht weiter.
Ich überleg mir Gehörschutz für innen, unglaublich die Geräuschkulisse. Werde in nächster Zeit ein gutes Aufnahmegerät mitnehmen, damit es alle hören können.
Für ein paar Tage segelt Ian Williams mit uns. Ian führt zur Zeit die Matchracing Weltrangliste an, war Weltmeister letztes Jahr. Aus Soling Tagen sind wir gut befreundet, Plan ist, ihn im erweiterten Team Russia Team zu haben. Insgesamt sollten wir 20 Segler im Team haben, davon sind 10 die „Stammmannschaft“ und im Fall von Ausfällen können wir auf die anderen 10 zurückgreifen.
In den nächsten Tagen werden wir auch „Grinder“, das sind die Bären an den Kurbeln, zum Testen haben. Bei den Inshore Rennen dürfen wir zusätzliche zwei Segler an Bord nehmen, wahrscheinlich werden das Muskelprotze sein.
Es wird jeden Tag wieder ewig spät, dafür beginnt der Tag umso früher. Noch immer Gym in der Früh um sieben, ein Viertel des Lebens zu verschlafen scheint manchmal noch zu viel, dafür ist das Projekt viel zu spannend.

Liebe Grüße,
Andreas

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Unglaublich, das Rennen spitzt sich am Ende noch einmal zu. Wir haben Green Dragon seit gestern Abend in Sichtweite, kurz vor Sonnenuntergang habe ich sie am Horizont entdeckt, ein kleiner, kaum erkennbarer goldener Fleck. In der Nacht kamen wir näher, verloren dann aber wieder ein paar Meilen. Am Morgen entdeckt Mikey sie zwischen den Schiffen, die vor Kuala Lumpur auf Reede liegen, eine schlanke Segelpyramide, ohne viel Krängung, während wir guten Druck im Code 0 haben. Da waren der Drache sieben Meilen vor dem Orca. Inzwischen hat sich der Vorsprung auf 4 Meilen reduziert, wir sind auf der Jagd, um auf den letzten 130 Meilen noch Punkte gutzumachen. Die Mannschaft um Ian Walker gehören zu den Besten im Feld, umso schärfer sind wir darauf, sie noch zu überholen. Der Schiffsverkehr ist wirklich unglaublich dicht, das Klima sensationell, scheint ein guter Platz zum Überwintern zu sein, wenn man den Schnee und die Kälte nicht so mag. Bin optimistisch am 24. in Österreich zu sein und mit meiner Familie Weihnachten zu feiern. Grüße Andreas









 

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Inzwischen sind wir in die Straße von Malakka eingelaufen, haben das „Scoring Gate“ als Siebente passiert und arbeiten daran, Green Dragon und Telefonica Black anzugreifen. Um das Nordkap von Sumatra hat der Wind mehrere Male gedreht, wir haben die Dreher mitgenommen. Zweimal hatten wir Kosatka zum Wenden bereit gemacht, das heißt alle Segel an Deck nach Lee verfrachten und innen die Ausrüstung ebenso, insgesamt 15 Minuten Arbeit für alle, als der Wind wieder geraumt hatte und wir doch nicht wendeten. Da nach weiteren 15 Minuten der Wind nicht wieder geschralt hatte, räumten wir alles wieder nach Luv, also gegen die Schwerkraft, was ungefähr 25 Minuten dauert. Immer noch besser, als zweimal gegen den Dreher zu wenden, auch wenn es nur anstrengende Beschäftigungstherapie ist. Wir haben auch versucht, eine etwas aggressivere Linie zu segeln als die beiden vor uns. Offensichtlich sind beide sehr aufeinander konzentriert, Green Dragon weiß, dass sie bei Leichtwind keine Chance gegen Telefonica Black haben, da sie nur einen schweren Spi und eine schweren C3 an Bord haben und daher in den nächsten 24 Stunden überholen und einen Vorsprung heraussegeln müssen. Telefonica ist bedacht, zwischen Green Dragon und Singapur zu bleiben und keinen Hebel zu erlauben. Wir versuchen das auszunutzen und in kleinen Schritten weiter näher zu kommen. Wir haben für die Leichtwinde später in der Straße einen A1 Spi, der uns schon nach dem Start auf den zweiten Platz gebracht hat, eventuell reicht er um zwei Plätze gutzumachen. Der Wille ist da, das Herz dazu auch. Je nachdem auf welchem Schlag wir gerade sind (Streck- oder Holebug), zeigt der dreistündliche Positionsreport einen Gewinn oder Verlust, abgerechnet wird, wenn wir auf direkten Kurs gehen.









 

In der Straße von Malakka

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