Von Siegern und Verlierern

Am 4. September 2022 startete das Golden Globe Race vor Les Sables-d`Olonne, 235 Tage später segelte Kirsten Neuschäfer ebendort über die Ziel­linie und gewann somit als erste Frau ein Rennen um die Welt. Ein Riesenerfolg für sie und ein historischer Triumph.

Zum ersten Mal waren 1968 neun Hochsee-Abenteurer zu einer Einhand-Nonstopp-Regatta um die Welt angetreten, ausgeschrieben von der Sunday Times. Das Rennen ging in die Segelgeschichte ein. Nur einer erreichte das Ziel: Sir Robin Knox-Johnston. Der Franzose Bernard Moitessier brach die Regatta nach drei Viertel der gesegelten Strecke ab, obwohl er in Führung lag. Anstatt zum Zielhafen fuhr er weiter nach Tahiti und damit gleich eineinhalb Mal um die Welt. Sein Bestseller „Der verschenkte Sieg“ avancierte zum Kultbuch der Blauwassersegler.

Am tiefsten hat sich aber für alle Zeiten die tragische Figur des Donald Crowhurst in mein Gedächtnis eingeprägt; vielleicht weil mich die Verlierer schon immer mehr faszinierten als die Sieger. Wenige Tage nach dem Start offenbarten sich erhebliche Mängel an Crowhursts selbstgebautem Trimaran und es wurde schnell klar, dass sein wahnwitziges Vorhaben zum Scheitern verurteilt war. Doch er konnte nicht aufgeben. Er fürchtete, seine Familie bloßzustellen und seinen Ruf zu ruinieren. Außerdem würden sein Haus und Unternehmen dann dem Hauptsponsor gehören. Und so reifte in ihm der Plan, Rekord-Etmale vorzutäuschen. Während er in den Medien schon als Gewinner gefeiert wurde, segelte Crowhurst in Wahrheit nur im Atlantik auf und ab. Und zerbrach letztlich an der selbst verantworteten Situation. Nach wochenlanger Irrfahrt waren die Gewissen­sbisse so groß, dass seine Seele ernsthaft Schaden nahm. Crowhurst wusste sich nicht mehr zu helfen und sprang über Bord. Sein Trimaran wurde gefunden, nie aber seine Leiche. Filmtipp: The Mercy

DORIS RENOLDNER ist seit 1989 mit Wolf Slanec auf allen Meeren unterwegs und hat die Welt zwei Mal umsegelt.