Ernestos Baby
Alinghi-Chefdesigner Rolf Vrojlik über den neuen AC-Katamaran
Im Gegensatz zu Oracle hat sich Alinghi nicht für einen Trimaran entschieden, sondern für einen Katamaran. Warum?
Es ist ein Konzept, eine Entwicklung, die mehr von den Seen her kommt. Die Trimaran-Welt kommt mehr vom Offshore her, das heißt von den Rennen auf den Meeren. Oracle hat ein französisches Konstruktionsbüro, und die Franzosen haben große Erfahrung mit Trimaranen. Wir aber haben hier in der Schweiz mehr Erfahrungen mit den Katamaranen. Während Oracle nun einfach schauen muss, den Trimaran leichter zu bauen, müssen wir eben den Katamaran größer machen. Das sind zwei verschiedene Voraussetzungen, zwei verschiedene Konzepte.
Alinghi hat den Vorteil, das Revier wählen zu dürfen. Lässt der relativ leichte Kat nun einen Rückschluss auf den Ort zu, wo die Rennen dann im nächsten Februar stattfinden werden?
Unsere Vorstellungen gehen dahin, dass es ein Day-Sailing ist. Und Tages-Segeln heißt einfach keine extremen Bedingungen.
Könnte Alinghi 5, also der neue Katamaran, im Februar in Valencia antreten?
Man kann alles. Der Grund, warum wir Valencia nicht extrem unterstützen, hat nichts mit dem Boot zu tun oder mit der Möglichkeit, zu gewinnen. Es ist so, dass die Bedingungen dort im Winter sehr schwierig vorhersehbar sind. Entweder hat es keinen Wind, oder er weht mit 30 Knoten. Der Wind ist auch nicht konstant. Das wird dann ein reines Glücksspiel, und wir wollen uns doch nicht an einem Glücksspiel beteiligen, sondern wir wollen dort segeln, wo es korrekte und faire Bedingungen gibt. Und das kann man in Europa im Winter und am Mittelmeer nicht, weil die Temperaturen nicht da sind, um ein stabiles Wind- und Wettersystem aufzubauen.
Für die Konstruktion des neuen Bootes hatten sie lediglich die Wasserlinie als Grenze. Ist das für einen Schiffsarchitekten ein Traum oder ein Alptraum?
Im Moment ist es ein Traum. Gerade wenn man an ein solches Konzept herangeht, will man frei sein. Wir können Segelfläche draufpacken, soviel wir wollen, wir können das Boot so leicht bauen, wie wir es uns zutrauen.
Aber die Gefahr, zu weit zu gehen, ist vorhanden.
Ja, das ist die größte Gefahr, dass man sich selber die Grenze setzen muss. Das haben wir auch gemacht. Man geht bei einem solchen Konzept logischerweise extrem an die Grenzen heran, doch alles ist Neuland, wir haben keine Werte, auf die wir zurückgreifen können.
So wird die Angst vor Bruch ein ständiger Begleiter sein.
Die Gefahr des Bruchs ist riesengroß. Wir machen Versuche, aber man kann nicht alles machen, und in der Praxis ist es immer etwas anders.
Es ist nicht ausgeschlossen, dass Oracle seit dem März daran ist, ein zweites Mehrrumpf-Boot zu bauen, diesmal möglicherweise auch einen Katamaran. Macht Sie das nervös?
Die Amerikaner reagieren immer. Wir machen das nicht, wir verfolgen unser Konzept. Wenn wir falsch liegen, dann haben wir wenigstens versucht, das Optimale aus dem Konzept rauszuholen. Man kann nicht mitten in einer bestimmten Entwicklung wechseln, das ist ein falscher Ansatz.
Sie beobachten aber Oracle, oder?
Wir haben Oracle beobachtet, logischerweise, wir mussten ihr Konzept begreifen, aber seit Dezember haben wir keine Leute mehr hingeschickt. Wir konzentrieren uns nur auf uns und schauen nicht, was die anderen machen.
Ernesto Bertarelli soll fast täglich in Villeneuve auftauchen.
Ja, er ist viel intensiver dabei als bei den anderen beiden Kampagnen. Der Kat ist sein Baby, er ist hier zu Hause, er ist hier unter seinen Seglern. Er ist begeistert, und er ist auch stolz.