Famos in Form
Extreme 40: Hagara & Co bei Saisonauftakt im Oman auf Platz drei. Mit Interview!
Was für ein Start in die neue Saison: Beim ersten Stopp der Extreme Sailing World Series 2011 im Sultanat Oman bot das österreichische Red-Bull-Team um Roman Hagara und Hans-Peter Steinacher eine überaus konstante Leistung und konnte sich trotz einiger Widrigkeiten einen Platz am Stockerl sichern. Rang drei ist umso höher zu werten, als die Konkurrenz heuer noch stärker als im Vorjahr ist – Stichwort America’s Cup. Der Sieg ging an Groupe Edmond de Rothschild mit Skipper Pierre Pennec.
 Vor dem Event im Oman gab Roman Hagara, der wie berichtet zwei neue Crewmitglieder verpflichtet hatte, ein ausführliches Interview:
„READY TO RACE"
Der 20 Meter hohe und 14 Meter lange Red-Bull-Katamaran wurde generalüberholt, aber auch die Crew wurde getauscht. Was ist passiert?
 Die Saison 2011 wird noch einmal schwieriger als das Vorjahr. Mit Artemis und Team Emirates New Zealand sind zwei aktuelle America´s Cup Team in den Zirkus eingestiegen. Die America´s Cup Sieger von Alinghi und das traditionsreiche A-Cup-Team Luna Rosa/Prada sind ebenso am Start. Mit David Vera und Gabriele Olivo hatten wir in der vergangenen Saison ein Duo am Karbon-Geschoss, das praktisch keine Katamaran-Erfahrung hatte. Deshalb haben wir uns zu einem Wechsel entschlossen.
Wer sind die beiden Neuen auf dem Boot?
Trimmer Will Howden kennt seit Jahren die Multihull-Boote in- und auswendig, war im Vorjahr beim UK-Team von Ecover verpflichtet und bringt viel Know-How mit. Die Verpflichtung von Craig Monk entstand aus einem strategischen Schulterschluss. Craig ist Olympischer Bronzemedaillengewinner und zweifacher Gewinner des America’s Cup. Der Neuseeländer nimmt die Position vorne am Bug ein. Er ist ein sehr, sehr guter Segler. Mit beiden haben wir uns sehr viel Erfahrung ins Boot geholt.
Kam es spontan zu dieser Zusammenarbeit?
Zu den Spielchen in der Szene gehört es mit dazu, ständig zu schauen, welche Leute verfügbar sind. Wir haben nichts überstürzt, sondern gezielt verhandelt. Gerade die guten Leute machen keine Kurzschluss-Handlungen, sondern lassen sich Zeit. Veränderungen sind auf Segelbooten völlig normal. Wir mussten diesen Schritt setzen.
Vera und Olivo waren also nicht sauer wegen der Ausbootung?
Beide sind Profis. Beide kennen die Szene. Sie haben längst ihre Positionen auf anderen Segelbooten gefunden. Allerdings sind sie nicht mehr dabei in der Extreme-40-Rennserie. Und nein, es gab keine bösen Worte.
Vergangene Saison habt ihr euch beklagt über das Material. Für die Plätze ganz vorne hat es manchmal nicht gereicht.
Das hat sich glücklicherweise geändert. Für die neue Saison wurden neue Regeln eingeführt. Es herrscht mehr One-Design-Spirit. Ich meine, nicht nur am Papier, in den Regeln. Jetzt müssen alle Boote mit einem Großsegel, zwei Vorsegeln und zwei Gennakern auskommen. Es kommt also mehr auf die seglerische Leistung an.
Seht ihr euch mit dieser Regeländerung weiter vorne als in der vergangenen Saison? 2010 wurdet ihr im Gesamtklassement Sechster. Ziel war, unter die ersten Drei zu kommen. Das hat nicht geklappt.
Wir haben wieder den gleichen Focus. Allerdings: Um ganz vorne dabei zu sein, muss man bei allen Events sehr konstant durchs Ziel kommen. Teams wie Alinghi oder Artemis betreiben einen unglaublichen Aufwand und versuchen alles, um sich Vorteile rauszuholen. Wir dagegen haben mehr Erfahrung mit den Booten, was auch kein Nachteil ist.
Im Oman habt ihr jetzt fast drei Wochen trainiert, auch Speedruns gegen die Serienfavoriten absolviert. Ganz ehrlich, könnt ihr wirklich vorne mitfahren?
 Wir sind einige Proberennen gefahren. Und es hat wirklich recht gut funktioniert. Wir waren sehr oft mit vorne dabei. Wir kämpfen mit Herz und Hirn.
Ihr habt auch einen Coach angeheuert. In wie weit ist er für diesen Optimismus verantwortlich?
Wir konnten mit Matthew Adams einen sehr erfahrenen Mann ins Team holen. Er kennt die Boote in und auswendig. Ist seit Jahren im Zirkus dabei.
Lassen sich zweifache Olympiasieger von einem externen Trainer denn noch etwas sagen?
Mit ihm arbeiten wir vor allem an der Kommunikation am Boot. Das ist heuer auch der große Unterschied bei uns. Es geht darum wie im Boot gearbeitet wird. Wie wir untereinander kommunizieren. Die Ansagen müssen klar und deutlich sein. Viel Gelaber um irgendetwas bringt nichts. Wir haben jetzt klare Anweisungen an Bord. Und jeder weiß, was zu tun ist.
Ihr habt also mehr Struktur im Boot?
Ganz genau. Und wir haben auch einiges umgestellt. Klar, Roman bleibt an seiner Stelle. Jedes andere Crewmitglied kann jetzt aber die Position des anderen übernehmen. Im Notfall, in engen Situationen. Dadurch sind wir noch flexibler. Wenn ein schwieriges Manöver gefahren wird, dann springt der andere sofort hin und hilft. Das heißt: Es wird mehr rochiert.
Auch wenn die America’s –Cup-Teams so viel investieren. Sind diese dann so potent wie etwa der Ferrari-Rennstall?
Der Personalaufwand ist enorm. Artemis reist mit 25 Leuten an. Team Alinghi kommt mit 17 Mann. Das ist schon ein Unterschied zu uns. Die großen Teams haben halt einfach diese Ressourcen. Diese nutzen sie. Das ist legitim. Ich glaube aber nicht, dass dies deswegen ein entscheidender Vorteil sein muss.
Auf welche Rennen freut ihr euch besonders?
Super ist, dass wir mit dem Zirkus nach Amerika kommen. Ende Juni, Anfang Juli sind wir in Boston. Im Mai segeln wir in Istanbul. Mit Nizza wartet dann schon das nächste Highlight.
Durch die Stationen in Asien, Europa und Amerika wird die Serie zum weltweiten Event. Dadurch gewinnt sie noch mehr an Bedeutung. Welchen Stellenwert genießt die X40 Sailing Series international?
Der America’s Cup ist vielleicht noch vorne. Gleich danach kommt die Extreme Sailing Series. Schließlich ist der America’s Cup gerade doch sehr inaktiv. Dort machen sie zwar neue Boote, aber sonst passiert nicht viel neues. Ich kenne außerdem keine Klasse, in der so viele Weltklasse-Segler am Start sind wie bei der Extreme 40 Weltserie.
Woran liegt das?
Wenn sich selbst ein Team wie Alinghi entscheidet, nicht America’s Cup zu fahren, sondern Extreme 40, ist das nur ein Beleg für den sehr hohen Stellenwert der Serie. Die Teams haben es auch satt Millionen auszugeben. Bei der Extreme Sailing Series ist das Finanzielle überschaubar und die Rennserie bietet mindestens eine ebenbürtige Qualität. Zudem ist die Konkurrenz nirgendwo anders dermaßen dicht. Bei uns gewinnen vermutlich nicht die Teams mit der meisten Kohle. Es gewinnen die besten Segler!