Chaos im Southern Ocean

Was sich derzeit im Southern Ocean abspielt, übertrifft die schlimmsten Erwartungen

Dass es Andreas Hanakamp ordentlich eingetunkt hat (Gott sei Dank ohne nachhaltige Folgen), wissen eifrige Blog-Leser schon, aber auch der Rest der Flotte wird schlimm durchgebeutelt. Die Jungs – die bekanntlich nicht zu den Anfängern zu zählen sind – zelebrieren einen Sonnenschuss nach dem andern und haben auch sonst mit allerlei Unbill zu kämpfen.
Puma zum Beispiel krachte dermaßen brutal in die Wellen, dass der Rumpf bereits zwei massive Strukturschäden davontrug. Einmal brach ein Längsstringer im Vorschiff, beim zweiten Mal gab es eine Bruchlinie im zentralen Teil der Yacht, nämlich am Hauptstringer,. Den ersten Schaden konnte die Crew mit Bordmitteln beheben, sprich laminieren, mit dem zweiten Problem ist man derzeit intensiv beschäftigt. „Wir sind eine Art Riesen-Spital“, schildert Skipper Ken Read, „nur dass der Patient nicht ein Mensch, sondern eine Yacht ist.“
Apropos Patient, auch zu diesem Stichwort gibt es einiges zu berichten: Auf Ericsson 3 etwa wurde die gesamte Decksmannschaft geflutet, als Steuermann Magnus Olsson das Schiff in einer satten 40-Knoten-Böe auf Tauchstation schickte. „Es war eine dieser Gelegenheiten, wo du das Gefühl hast, das Boot segelt mit dir, nicht andersrum“, klopfte deren Medienmann leicht verstört in die Tasten. Bugmann Anders Dahlsjö touchierte dabei eine Winschkurbel, was ihm eine kurze Ohnmacht und ein paar beleidigte Rippen einbrachte. „Ein Bursche mehr auf Schmerzmittel“, mehr an Kommentar gab es zu diesem Vorfall nicht. Die Kollegen auf Ericsson 4 wiederum kämpfen nicht nur gegen die Bedingungen, sondern auch gegen Fieber und Übelkeit. Eine Magen-Darm-Grippe im Southern Ocean ist wohl das Letzte, was man sich wünscht, aber das Leben ist, wie wir wissen, kein Wunschkonzert. Um die Krankenstandsliste zu vervollständigen: Auf Green Dragon sind Husten und Schnupfen ausgebrochen (kein Wunder, ist man versucht zu denken), dort hat man aber sowieso andere Sorgen, nachdem vor kurzem der Großbaum gebrochen ist.
Alle Teams berichten einhellig von chaotischen Zuständen, Segeln, die es zu flicken gilt, Verletzungen und Seekrankheit. Und der Hoffnung, dass es bald wärmer, trockener, ruhiger wird. Wird es, bestimmt. Davor wartet allerdings noch ein Tief …
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