Die dunkle Seite der Macht?

Tee. Kekse. Advent. Keine heilige, aber eine jahreszeitlich angemessene Trias. Sitze gerade gemütlich am Sofa, als es draußen plötzlich unheimlich rauscht. Auf der Terrasse nehme ich Erstaunliches aus, eine dunkle Gestalt, der Kopf verdeckt von einer Kapuze, in der Hand ein Lichtschwert. Anakin Skywalker, der gefallene, von der bösen Macht verführte Jedi-Ritter? Ein Detail stört. Aus dem Umhang lugen zwei Flügelspitzen hervor. Erst jetzt sehe ich die vertrauten Augen des Weihnachtsengerls. Allerdings sind sie, anders als sonst, mit vorwurfsvoll-zornigem Blick auf mich gerichtet.
Dennoch bitte ich meinen gefiederten Freund herein. Eine knappe, fast kühle Umarmung, mehr nicht, das signalisiert Verstörung. Ich versuche einen Scherz: „Na, zur dunklen Seite der Macht übergelaufen?“ Mehr habe ich nicht gebraucht. Das Engerl explodiert geradezu: „Da redet der Richtige! Was denkst du dir eigentlich dabei, im“ – den Himmlischen kostet das nächste Wort sichtlich Überwindung – „Verband eine Aufgabe zu übernehmen? Bist du so weit gefallen? Seglerisch nicht mehr viel drauf, aber als Funktionär den dicken Maxe markieren? Habe ich dafür all die Jahre über dich gewacht?“ Angewidert schüttelt das Engerl den Kopf.
Verzweifelt versuche ich es von meinen hehren Absichten zu überzeugen: Window of opportunity; dem Sport zurückgeben, was ich empfangen habe; frag nicht, was der Segelsport für dich tun kann, sondern frag lieber, was du für den Segelsport tun kannst; Versuch der Einigung aller positiven Kräfte in Österreich; Notwendigkeit für langfristige Konzepte; Bündelung vorhandener und Erschließung neuer Ressourcen …
Mir scheint, als ob sich ein wenig mehr Verständnis in den Gesichtszügen des Engerls spiegeln würde. Trotzdem bleibt es skeptisch und seine Verabschiedung fällt kurz aus: „Ich werde laut Dienstpflicht weiter über dich wachen. Aber es fällt mir derzeit schwer. Unabhängig davon: Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.“ Swoosh – und weg ist der Himmlische. Nachdenklich bleibe ich zurück. Die guten Wünsche gebe ich aber, mich anschließend, gerne weiter.

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