Die dunkle Seite der Macht?

Tee. Kekse. Advent. Keine heilige, aber eine jahreszeitlich angemessene Trias. Sitze gerade gemütlich am Sofa, als es draußen plötzlich unheimlich rauscht. Auf der Terrasse nehme ich Erstaunliches aus, eine dunkle Gestalt, der Kopf verdeckt von einer Kapuze, in der Hand ein Lichtschwert. Anakin Skywalker, der gefallene, von der bösen Macht verführte Jedi-Ritter? Ein Detail stört. Aus dem Umhang lugen zwei Flügelspitzen hervor. Erst jetzt sehe ich die vertrauten Augen des Weihnachtsengerls. Allerdings sind sie, anders als sonst, mit vorwurfsvoll-zornigem Blick auf mich gerichtet.
Dennoch bitte ich meinen gefiederten Freund herein. Eine knappe, fast kühle Umarmung, mehr nicht, das signalisiert Verstörung. Ich versuche einen Scherz: „Na, zur dunklen Seite der Macht übergelaufen?“ Mehr habe ich nicht gebraucht. Das Engerl explodiert geradezu: „Da redet der Richtige! Was denkst du dir eigentlich dabei, im“ – den Himmlischen kostet das nächste Wort sichtlich Überwindung – „Verband eine Aufgabe zu übernehmen? Bist du so weit gefallen? Seglerisch nicht mehr viel drauf, aber als Funktionär den dicken Maxe markieren? Habe ich dafür all die Jahre über dich gewacht?“ Angewidert schüttelt das Engerl den Kopf.
Verzweifelt versuche ich es von meinen hehren Absichten zu überzeugen: Window of opportunity; dem Sport zurückgeben, was ich empfangen habe; frag nicht, was der Segelsport für dich tun kann, sondern frag lieber, was du für den Segelsport tun kannst; Versuch der Einigung aller positiven Kräfte in Österreich; Notwendigkeit für langfristige Konzepte; Bündelung vorhandener und Erschließung neuer Ressourcen …
Mir scheint, als ob sich ein wenig mehr Verständnis in den Gesichtszügen des Engerls spiegeln würde. Trotzdem bleibt es skeptisch und seine Verabschiedung fällt kurz aus: „Ich werde laut Dienstpflicht weiter über dich wachen. Aber es fällt mir derzeit schwer. Unabhängig davon: Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.“ Swoosh – und weg ist der Himmlische. Nachdenklich bleibe ich zurück. Die guten Wünsche gebe ich aber, mich anschließend, gerne weiter.

Weitere Artikel aus diesem Ressort

Ressort Kreuzpeilung
Am 19. August 2024 sank die 184 Fuß/56 m lange und von der Herstellerwerft Perini Navi als „unsinkbar“ bezeichnete Superyacht Bayesian vor Porticello (Sizilien) in nur 16 Minuten. Ursache war eine extrem starke Fallböe mit Windgeschwindigkeiten bis 130 km/h. Die Krängung über 70° hinaus – wesentlich erleichtert durch den extrem hohen Mast und einen vor Anker hochgeholten Kiel – war fatal: das Schiff kenterte in weniger als 15 Sekunden. An Bord waren 22 Personen, darunter der britische Tech-Milliardär Mike Lynch, seine Tochter Hannah und mehrere Bekannte. Sieben Menschen starben, 15 überlebten. Gegen den Kapitän und zwei Crewmitglieder wird derzeit wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Die zehn Monate später gestartete Bergung wurde durch den Tod eines Tauchers verzögert. Am 22. Juni dieses Jahres konnte das gesunkene Boot schließlich ohne den schon vorher vom Rumpf getrennten Mast und Großbaum vom Meeresgrund an die Oberfläche gebracht werden und steht nun für weitere Untersuchung zur Verfügung.









 

Der Untergang der Bayesian

Ressort Kreuzpeilung
Am 9. April war Lostag für den Segelsport bei Olympia. Das IOC verkündete auf einer live übertragenen Pressekonferenz die für 2028 gültigen Zahlen in Sachen Teilnehmende und Medaillen. Bereits im Vorfeld war Segeln klarer Wackelkandidat: teuer durch Unterbringung der Boote und der Abwicklung der Wettkämpfe, relativ geringes Publikumsinteresse außerhalb der Nationen mit unmittelbaren Medaillenchancen und schwer durchschaubare Formate und Abläufe. Entsprechend groß dann das Aufatmen: keine Veränderung. Auch in Los Angeles 2028 werden so wie in Marseille insgesamt je 165 Frauen und Männer in 10 Events (‚Klassen‘) um Medaillen segeln. Alles paletti?









 

Rute im Fenster

Ressort Kreuzpeilung
Die Goldmedaillen von Marseille haben Auswirkungen. Das gilt nicht nur für das Ansehen des Segelsports in Österreich und den OeSV im Konzert der Fachverbände, sondern vor allem für die Hauptprotagonisten. Vali Bontus, Luki Mähr und Lara Vadlau sind zu öffentlichen Personen geworden. Sie tauchen in Funk und Fernsehen auf und sind bei Veranstaltungen mit Sportprominenz, etwa dem traditionellen Charity Race auf der Planai, gern gesehen. Gleichzeitig eröffnen sich Möglichkeiten in Sachen Sponsoring und sie können – durchaus gegen Entgelt – ihre Erfahrungen per Vorträgen und Panels über die Sportwelt hinaus verbreiten.









 

Dritte Halbzeit

Ressort Kreuzpeilung
Weihnachten liegt hinter mir und ich genieße die ersten Tage des Jahres 2025 mit einer Tasse dampfendem Darjeeling First Flush. Plötzlich raschelt etwas auf der Terrasse. Ein Blick aus dem Fenster zeigt: Da steht ein großer, prall gefüllter Seesack. Verspätetes Geschenk eines nautischen Epigonen von Santa?









 

Schmiermaxe* ante portas

Ressort Kreuzpeilung
In Nestroys Lumpazivagabundus wusste Knierim: Die Welt steht auf kein’ Fall mehr lang-lang-lang und das bringt er im Kometenlied auch ikonisch zum Ausdruck. Ob Komet, Klimawandel, Migration oder Finanzkrise – dystopische Entwürfe unserer Zukunft haben Konjunktur, soziale Bewegungen wie Rebellion Extinction oder Last Generation drücken hoch angstbesetzt Sorge um den Zustand der Welt aus.









 

Wie lange steht die Welt noch?

Ressort Kreuzpeilung
Nach den olympischen Segelbewerben in Marseille ein weiteres Highlight: der America’s Cup vor Barcelona. Zum Zeitpunkt der Drucklegung war gerade die viertägige Proberegatta mit einem Sieg des Titelverteidigers Emirates Team New Zealand über Luna Rossa Prada Pirelli abgeschlossen. Alle Wettfahrten waren live und on-demand auf YouTube verfügbar. Auf dieser Basis drei Beobachtungen und eine Prognose.









 

Faktor Mensch