Wiederentdeckungen

Clubs nerven. Wenigstens manchmal und nein, das ist jetzt kein Auszug aus einem geleakten Protokoll einer Vorstandssitzung, sondern eine schlichte (Selbst)Beobachtung über viele Vereine und Jahre hinweg. Gründe gibt es genug: Erhöhung der Mitgliedsbeiträge, Preis-Leistungs-Verhältnis in der Clubkantine, Dauer und Ort der Generalversammlungen oder die Vergabe von Liegeplätzen sind universelle Klassiker. Dazu kommen höchstpersönliche Reibepunkte wie Hunde, Nacht(un)ruhe oder kollektive Kurzsichtigkeit bei strategischen Entscheidungen.

Corona bringt auch hier eine neue Note ins Spiel. Statt genervt zu sein, dass der Kran nicht frei, der Landliegeplatz blockiert und der Spezialistenclubkollege immer noch nicht über seine ewig gleichen dummen Sprüche hinweg ist, orte ich heuer einen anderen Zugang. Aha, es ist gar nicht selbstverständlich, dass ich den Club – eine Sportstätte! – überhaupt betreten darf. Nach Wochen der sozialen Distanz und Isolation freue ich mich über jedes Gespräch und wenn ich genauer hinhöre, hat mein Spezialistenkollege vielleicht durchaus Neues zu sagen. Erstaunlich auch, wie viele Menschen den Club besuchen, wenn alternative Destinationen oder Beschäftigungen zeitweilig nicht zur Verfügung stehen.

Mir scheint, als ob es ein fast zärtliches Wiederentdecken dessen gibt, was wir kaum mehr wahrgenommen haben, das aber wesentlich zum gelungenen Miteinander und persönlichen Wohlbefinden gehört: das spürbare Teilen einer gemeinsamen Leidenschaft, das beiläufige Gespräch am Steg, die Teilhabe am Leben der anderen mit seinen Höhen und Tiefen, das Hineingestellt-Sein in die Geschichte eines Clubs.

Ich weiß: Wir werden uns recht schnell wieder daran gewöhnen, dass all das ohnehin selbstverständlich ist, und vieles wird uns nerven. Die Corona-Zeit bleibt uns vermutlich als seltsames Jahr in Erinnerung, das die üblichen Abläufe gestört und die Fragilität des Gewohnten aufgezeigt hat. Vielleicht bleibt aber auch mehr: ein Mehr an Dankbarkeit, Behutsamkeit und Freude jenseits von Spaß. Das täte uns in vielerlei Hinsicht gut – auch abseits des Clublebens.

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