No ranks, no titles

Fuerteventura im Juni. Eine der Lieblingstöchter macht Physiotherapie-Praktikum und surft die Wellen in der Freizeit. Der notorisch skeptische Vater vermutet es andersrum und lädt sich ein. Der Sachverhalt ist schnell geklärt, das Ortho Nat-Zentrum in Morro Jable spielt alle therapeutischen Stückerln und fünf entspannten gemeinsamen Tagen steht nichts im Weg. Vor Ort gibt es einen Robinson-Stützpunkt mit Katamaran-Verleih. In froher Erwartung nehme ich mit Stützpunktleiter Robert Kontakt auf. Erste Frage: Kannst du Kat segeln? Sechs Jahrzehnte Einrumpf-Erfahrung und -Lorbeeren werden freundlich, aber unmissverständlich vom Tisch gewischt. Kat-Schein? Fehlanzeige. Vorerfahrung im Kat? Vor Jahren Hobie 16 auf Naxos. Leichtes Seufzen, dann ein Hoffnungsschimmer: „Wenn du hier rauswillst, dann musst du mich mündlich davon überzeugen, dass du wenden, ein Mann-über-Bord-Manöver fahren und den Kat nach dem Kentern wieder aufstellen kannst. Jeden Tag um 12 Uhr hast du dazu die Gelegenheit.“

Mein Ehrgeiz ist geweckt. Woher die Kat-Spezifika nehmen? Youtube und Google sei Dank, die Tutorials von Joe Bennett von Joyrider TV sowie dem VDWS sind eine Fundgrube. Ich schaue, memoriere und visualisiere, bringe es mit meinen eigenen zahlreichen Kenter-, Wende- und MOB-Erfahrungen in Einklang und lege mir mein Skript zurecht.

Nächster Tag ist Showtime. Die eine Lieblingstochter, Praktikumskollege Flo sowie der deutlich angespannt-prüfungsängstliche Autor dieser Zeilen pilgern zum Stützpunkt. Robert hat zwar frei, aber Felix nimmt sich außertourlich Zeit. Ein kleines Katamaranmodell dient als Anschauungsobjekt. Nach leicht versemmelter Einstiegssequenz – luvt man mit einem Katamaran in der Bö an oder nicht? – die Kenterungsfrage. Ich laufe zu Höchstform auf. Ganz in die fiktive Situation eingetaucht, gehe ich bemüht realistisch-detailliert die einzelnen Schritte durch, von „sind noch alle da, unverletzt und einsatzfähig?“ bis hin zum Raufklettern auf das Trampolin beim vorderen Beam. Beeindruckt (vielleicht auch verwirrt wegen des Wortschwalls) gibt Felix das Freizeichen: Ich darf bei Flagge grün und gelb, nicht aber bei rot-gelb raus. Im Klartext: bis ca. 12 Knoten freie Bahn.

Wir nutzen das umgehend und ohne Probleme. Aber: Mündliche „Prüfung“ war seltsam. Ich glaube, ich mache doch noch den Kat-Schein …

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