Tokio 20201
Es ist erstmalig in der Geschichte – aber notwendig. Die Rede ist von den verschobenen Olympischen Sommerspielen 2020. Bis Mitte März hieß es (O-Ton Thomas Bach, IOC-Präsident und ehemaliger Weltklassefechter im Florett): „Olympische Spiele können Sie nicht verschieben wie ein Fußballspiel.“ Dann ging es ganz schnell. Der Druck der Umstände hat die IOC-Spitze vor sich hergetrieben, die Absage des Sommertermins 2020 kam früher als gedacht – wenn die ganze Welt Kopf steht, ist business as usual allenfalls ein entfernter Gedanke, taugt aber kaum zur primär handlungsleitenden Maxime. Die Entscheidung ist, wenn auch nicht weise zustande gekommen, dann wenigstens richtig.
Warum? Ich rede gar nicht von Gesundheit & Co. Die zu berücksichtigen war klarerweise erforderlich, auch wenn Angst eine schlechte Ratgeberin ist. Ganz wesentliche Argumente kommen aber auch aus der Ecke sportlicher Fairness. Nehmen Sie zwei Beispiele: Schwimmen und Segeln. Wer den minutiösen Aufbau von Trainingsplänen im Schwimmen kennt weiß, dass durch fehlende Beckenzeiten Lücken entstehen, die angesichts der minimalen Unterschiede an der Spitze kaum mehr zu schließen sind, selbst wenn – derzeit schwer vorstellbar – nach Ostern alle wieder ins Wasser springen. Und beim Segeln: kaum anders. Die Spitzenteams des OeSV picken in Österreich fest. Kann man hier segeln? Man kann. Kann man sich hier auf segelnd auf Olympia vorbereiten? Man kann, wenngleich mit ein wenig ‚österreichischer Interpretation‘ der rechtlichen Regeln. Kann man das auf Weltspitzenniveau und vergleichbar mit Ländern mit Meerzugang tun? Man kann nicht. Diesbezüglich ähnlich gelagerte weitere Sportarten ließen sich leicht finden.
Daher: die Verschiebung tat not. Klar bringt das eine Menge durcheinander, schafft neue Ungerechtigkeiten und wirft Karriere- und Lebenspläne über den Haufen. Und dass eine Stimme aus dem ‚reichen Norden‘ plötzlich auf den Gerechtigkeitsaspekt hinweist, entbehrt nicht einer gewissen Bigotterie. Aber trotzdem: Good Bye Tokyo 2020, Welcome Tokyo 2021. Das ist das kleinere Übel und wird trotz allem der Höhepunkt, den sich Olympische Spiele verdienen – so hoffen wir wenigstens.