Samba
Der auf 2 und 4 einsetzende Bass der Surdo, die auf 1 und 3 dazukommende Contra und dann noch Caixa, Ganzá, Agogô & Co.
Samba mitten im Dezember in Wien? Ich lasse Tee, Lebkuchen und Buch am Tisch zurück und blicke durch das Fenster. Eine kleine Sambagruppe zieht durch die Wohnanlage und macht bei unserer Terrasse halt. An der Spitze eine Tänzerin, die aussieht wie – das Weihnachtsengerl. Mit Kurven an den richtigen Stellen, die Flügeln harmonisch in das, na ja, nennen wir es Kostüm eingebettet, viel nacktes Gefieder, wenig Stoff, reichlich Metall.
Leicht verstört öffne ich die Terrassentür. Nach kurzer Begrüßung und abgelehntem Tee – „Samba und adventlicher Tee, das passt nun nicht wirklich zusammen!“ – beäuge ich den Gefiederten näher. Bei dem Metall handelt es sich um 30 Scheiben in Gold, Silber und Bronze an ebenso vielen Bändern. „Olympiamedaillen im Segeln, für jede Klasse in Rio drei Stück, Design noch geheim“ antwortet das Engerl auf meinen fragenden Blick. Ich kann es kaum glauben: „Habt ihr denn mit der Vergabe etwas zu tun?“ Schelmisch entgegnet mein himmlischer Freund: „Wir haben – so oder so – mit allem hier auf Erden was zu tun.“ „Und was macht ihr mit den Stoßgebeten um Erfolg, die aus den unterschiedlichen Ländern zu euch nach oben geschickt werden?“ Verträumt klimpert der Gefiederte mit den Medaillenrohlingen: „Eigentlich Betriebsgeheimnis. Aber im Vertrauen: Wir versuchen – der Teufel steckt ja bekanntlich nicht nur im Detail – die ärgsten Schweinereien zu verhindern. Aber grundsätzlich gilt: No pain, no gain – wer mehr reinsteckt, bekommt mehr raus.“
Bevor ich noch die Konsequenzen für die österreichische Flotte in Rio bedenken und ‚ganz schön neoliberal‘ oder ‚wo bleibt die Gnade‘ stottern kann, ist das Weihnachtsengerl auch schon aus der Tür draußen. Es setzt sich an die Spitze der neu Schwung aufnehmenden Kapelle und verschwindet hüftschwingend in der Nacht, nicht ohne mir den obligaten Segenswunsch für die Handbreit Wasser unter dem Kiel an die p.t. Leserschaft mitzugeben. Dem schließe ich mich gerne an.